
Alle Fotos © Zero Emissions
Wir alle kennen Michael Walther von der boot Düsseldorf. Seit Jahren organisiert er das Programm in der Surfhalle 17 und ist eine wichtige Anlaufstelle für die Sorgen und Anliegen der Aussteller und Athleten. Auch wenn wir Micha noch nie auf einer SUP-Weltrangliste gesehen haben, gehört er zu den Pionieren des deutschen SUP-Sports. Der Kieler ist seit den Anfängen dabei und hat bereits mehrere Ultra-Longdistance-SUP-Expeditionen hinter sich. Zudem ist Micha ein erfahrener Segler und fühlt sich auf dem offenen Meer zuhause.
Was Micha nun jedoch vorhat, übersteigt die Vorstellungskraft vieler Normalsterblicher – nur wenige haben es gewagt oder gar geschafft: Er will mit dem SUP den Atlantik überqueren.
Was uns als erstes ins Auge stach, war seine ungewöhnliche Route: Er plant, zunächst von Portugal in Richtung Kapverdische Inseln zu paddeln.
Micha befindet sich derzeit in der intensiven Vorbereitungsphase, in der er sich sowohl um das Material als auch um seine körperliche Fitness kümmert.
Wir konnten ihn schriftlich und telefonisch erreichen und haben mit ihm über das wohl größte Vorhaben seines Lebens gesprochen.
Aloha Micha, Vielen Dank für Deine Zeit. Du hast dich also entschieden dieses Jahr von Portugal nach Süd Amerika zu paddeln. RESPECT! Das ist ein gewaltiger Happen.
Lass uns mal von Vorne beginnen: Wie kam es zu Idee und evtl. noch interessanter wie kam es von der Idee zum Punkt wo du dir gesagt hast: Ich ziehe das durch, ich schaff das?
Die Idee, den Atlantik mit dem SUP zu überqueren, hat sich über viele Jahre entwickelt. Ich bin seit meiner Kindheit auf dem Wasser unterwegs – segelnd, paddelnd, surfend. Irgendwann kam der Gedanke: Was ist eigentlich möglich, wenn man sich wirklich auf den Weg macht?

Mir geht es mit dieser Reise vor allem darum zu zeigen, dass wir eine nachhaltige und klimaneutrale Zukunft nur dann erreichen, wenn wir jetzt anfangen – Schritt für Schritt, oder in meinem Fall: Paddelschlag für Paddelschlag. Selbst wenn das Ziel noch weit entfernt scheint, ist es machbar, wenn wir uns konsequent und entschlossen bewegen. Die Atlantiküberquerung ist also nicht nur ein sportliches Abenteuer, sondern auch ein Symbol dafür, dass Veränderung möglich ist – wenn wir loslegen.
Was meine Erfahrung angeht: Ich bin maritim gut aufgestellt – viele Jahre Offshore-Segeln, intensive SUP-Touren, Navigation, Wetter, Sicherheit. Das Meer ist mein Element, und ich weiß, worauf ich mich einlasse.
Du machst das ganze unter dem Patronat von ZERO EMISSONS. Kannst Du uns mehr darüber erzählen. Wer ist in deinem Team, wie finanziert ihr Euch etc.

Das Projekt läuft unter dem Titel „Zero Emission“, und dahinter steckt eine klare Botschaft: Wir müssen uns jetzt auf den Weg machen – Paddelschlag für Paddelschlag – in Richtung einer nachhaltigen und klimaneutralen Zukunft. Selbst wenn das Ziel noch weit entfernt scheint, erreichen wir es nur, wenn wir heute anfangen. Diese Reise steht sinnbildlich für genau diesen Weg: langsam, konsequent, mit Rückschlägen, aber immer vorwärts.
Ich werde die Strecke ohne Motor, ohne Segel und ohne Begleitboot zurücklegen – nur mit Muskelkraft. Das ist der zentrale Gedanke von Zero Emission: zeigen, was möglich ist, wenn man sich auf das Wesentliche konzentriert.

Im Hintergrund gibt es ein kleines, engagiertes Team von etwa fünf Leuten, die mich in verschiedenen Bereichen unterstützen – von Technik über Medienarbeit bis hin zur Logistik. Vieles läuft ehrenamtlich. Die größeren Kosten – vor allem Ausrüstung, Sicherheitssysteme und Logistik – werden durch Sponsoren getragen. Ohne sie wäre das Projekt in dieser Form nicht möglich. Aber von Geld verdienen kann keine Rede sein – das ist ein Herzensprojekt.
Als ich deine Route sah fand ich das sehr interessant, du paddelst erst vom Süden Portugals zu den Kanaren und dann zu den Kap Verden. Dazu könnte man jetzt schon 1000 Fragen stellen. Ich weis gar nicht wo anfangen. Vielleicht als erstes: Planst du Ruhepausen auf den jeweiligen Inselgruppen?
Nein, Zwischenstopps sind nicht geplant. Die Route führt zwar geografisch nah an den Kanaren und den Kapverden vorbei, aber ich plane die gesamte Strecke am Stück zu paddeln – ohne an Land zu gehen.
In vielen grafischen Darstellungen sieht es so aus, als würde ich dort Station machen, einfach weil ich ziemlich dicht an den Inseln vorbeikomme. Das ist auch bewusst so gewählt – nicht um Pausen einzulegen, sondern zur Absicherung: Falls es technische Probleme gibt, gesundheitliche Schwierigkeiten oder außergewöhnliche Wetterbedingungen, habe ich dort theoretisch die Möglichkeit, anzuhalten. Aber die eigentliche Idee ist, die Reise komplett ohne Zwischenstopp durchzuziehen.
Ich fand die Route auch insofern interessant weil, eine “offizielle” Atlantiküberquerung meist auf den Kanaren oder den Kap Verden beginnt. Deine Strecke ist aber 50% erst mal zu den Kap Verden kommen und die eigentliche Überquerung ist dann „nur“ noch die Zielgerade.
Ja, das ist wahr – viele beginnen ihre Atlantiküberquerung von den Kanaren oder den Kapverden aus. Aber ich habe mich bewusst entschieden, schon in Portugal zu starten. Da steckt auch ein bisschen mein Hintergrund als gelernter Jurist drin – ich bin da vielleicht etwas pedantisch, aber für mich ist es wichtig, dass ich, wenn ich den Atlantik überquere, wirklich von einem Kontinent zum anderen paddel und nicht von einer Insel zur nächsten.
Der erste Abschnitt ist technisch gesehen die größere Herausforderung. Die Wetterbedingungen sind weniger stabil, die Küste noch relativ nahe, und das bedeutet, dass man öfter auf die Bedingungen reagieren muss. Aber für mich ist dieser Abschnitt ein integraler Teil der Reise, nicht nur als sportliche Herausforderung, sondern auch als symbolischer Übergang – von Europa in den Ozean, von einem Kontinent zum nächsten. Es geht mir nicht darum, den einfachsten Weg zu wählen, sondern die Reise in ihrer Gesamtheit zu erleben.
Was mich hier interessiert sind die Wetterbedingungen. Die Passatwinde werden dir bei der Überquerung helfen, wie ist es aber mit dem ersten Teil der Strecke? Was sind da die Herausforderungen und Bedingungen die Du brauchst auch ich sag mal salopp in die richtige Richtung geblasen zu werden?

Micha bereitet alles sehr detailliert vor. „Das Board ist meine Lebensversicherung.“
Im ersten Teil der Strecke, von Portugal bis zu den Kapverden, sind die Wetterbedingungen definitiv herausfordernder. Die Passatwinde kommen erst weiter südlich, bei den Kanaren und Kapverden, richtig zum Tragen. Davor ist das Wetter unbeständiger, mit Windstillephasen und wechselnden Strömungen. Es wird also eine Mischung aus Geduld und Anpassungsfähigkeit erfordern, um die richtige Richtung zu halten.
Es wird Momente geben, in denen der Wind nicht in die gewünschte Richtung weht, oder Strömungen mich ausbremsen. Das wird nicht immer einfach, aber genau das ist Teil der Herausforderung. Wie bei der Arbeit an einer klimaneutralen Zukunft müssen wir auch bei solchen Rückschlägen durchhalten und dürfen uns nicht entmutigen lassen. Es geht darum, kontinuierlich und hartnäckig am Ziel zu arbeiten – auch wenn der Fortschritt manchmal langsamer ist, als man sich erhofft. Am Ende zählt, dass wir nicht aufgeben.
Nun zur Ausrüstung. Ich hatte das Glück mit vor 2 Jahren mit Chris Bertish zu treffen nach dem er vom SUP Festland mit einem Wing nach Hawaii segelte. Der Name ist dir sicher auch ein Begriff. Chris war der erste der vor gut 10 Jahren den Atlantik im Stehen überquert hat. Was mir vor 2 Jahren am meisten hängen geblieben ist, sind die ganzen System die im Rumpf eingebaut sind, und das man jedes System 2 – 3 mal Eingebaut hat für den Fall das eines Ausfällt. Das fand ich so krass: All die Batterien, Wasseranlagen, Kommunikation etc. Erzähl doch mal etwas drüber was Du alles eingebaut hast und wie viele Back Up Systeme du hast.
Ja, Chris Bertish ist eine große Inspiration für mich. Ähnlich wie er habe ich auch mehrere Backup-Systeme eingebaut, um auf Nummer sicher zu gehen. Ich habe redundante Systeme für Kommunikation, Wasseraufbereitung, Energieversorgung und Notstrom. Wenn eines ausfällt, gibt es immer eine Ersatzoption, sodass ich auch in schwierigen Situationen handlungsfähig bleibe. Sicherheit hat bei mir oberste Priorität.
Wie sieht es mit Notfallplänen aus, ich bin sicher du musst jedes Szenario 5 durchdenken und 3 mal einen Plan haben?
Absolut, Notfallpläne sind entscheidend. Ich habe verschiedene Szenarien durchdacht, von technischen Ausfällen bis hin zu gesundheitlichen Notfällen. Für jede Situation gibt es einen klaren Plan, und ich habe mehrere Kommunikationswege, um im Fall der Fälle schnell Hilfe zu bekommen. Außerdem habe ich Notfallausrüstung an Bord, um mich selbst zu versorgen, falls ich auf mich alleine gestellt bin. Es geht darum, auf alles vorbereitet zu sein, aber auch flexibel zu bleiben, falls etwas Unvorhergesehenes passiert.
Wow ja man muss echt auf alles vorbereitet sein. Chris meinte in unserem Interview damals das er auf Grund des schnelleren Vorankommens mehr Materialbelastung im Rumpf hatte und im Heck einen Riss entdeckte und wenn er nicht jeden Tag alles geprüft hatte, wäre ihm der Rumpf mit Wasser vollgelaufen. Darum meine Frage: Wie bereitest Du dich auf was “Worst-Case” Szenario vor?
Wenn man so eine Tour plant, muss man natürlich auch ein „worst-case“ Szenario mitdenken. Mein Board ist daher ausgestattet wie eine Vendée Globe Yacht: Ich habe mehrere PLBs und EPIRBS dabei und kann über Funk und Satellit Hilfe rufen. Insgesamt stehen mir 8 Notfallkanäle zur Verfügung. Im schlimmsten Fall habe ich natürlich auch noch die Rettungsinsel, die ich aber nur dann einsetze, wenn das Board sinkt und nicht mehr zu retten ist. Zu guter letzt habe ich dann auch noch einen besonderen Überlebensanzug, den SECUMAR mir extra anfertigt. Das ist ein Modell, wie es sonst die Crews der Seenotretter oder von Spezialteams der Polizei oder der Bundeswehr tragen. Der wohl wichtigste Punkt ist, dass ich immer mit meinem Board verbunden sein muss, solange es schwimmfähig ist. Das Board ist meine Lebensversicherung.

Du wirst ein paar Wochen Mutter Seelen alleine auf dem Atlantik treiben und das auf einem Wasserfahrzeug das knapp so gross ist wie ein Doppelbett. Wie stehst du der ganzen mentalen Herausforderung gegenüber?
Die mentale Herausforderung ist definitiv eine der größten. Ich weiß, dass es Momente geben wird, in denen es extrem einsam und schwierig wird. Aber genau das ist auch Teil der Reise: die Auseinandersetzung mit mir selbst und mit den eigenen Gedanken. Ich habe gelernt, Ruhe und Gelassenheit zu finden, auch in schwierigen Situationen. Und es hilft mir, den Fokus auf das große Ziel zu behalten – Schritt für Schritt. Das Gefühl, mit jedem Paddelschlag näher zum Ziel zu kommen, ist sehr motivierend und hält mich positiv.
Was ist mit Essen, Wasser kann man aufbereiten, aber was gibts zum Essen?
Ich habe nahezu ausschließlich gefriergetrocknetes Essen an Bord sowie weitere Verpflegung, die sehr trocken ist. Flüssigkeit ist der einzige Bedarf, den ich mir während der Reise selbst erzeugen kann, weshalb ich alles vermeide, was auch nur die kleinste Menge an Flüssigkeit enthält – wie etwa Gels. Der begrenzte Platz auf dem Boot erfordert eine sehr sorgfältige Planung, um sicherzustellen, dass ich alle nötigen Nährstoffe dabei habe, ohne den begrenzten Raum unnötig zu beanspruchen.
Na dann mal guten Appetit. Wie lange soll das Essen dann reichen?
Der Plan ist dass, das Essen für 100 Tage reicht.
Wow wie krass das sind mehr als 3 Monate.
Das stimmt, da muss man minuzös planen.
Wow als wir, vom Stand Up Magazin freuen uns sehr das ganze Medial zu begleiten und dich zu verfolgen. Sag uns doch kurz: Wann soll es genau losgehen. Du hast bestimmt einen Tracker wo wir jeden Tag schauen können wo du bist. Wo kann man die Daten abrufen?
Auf meiner Website, unter www.zeroemissions.eu wird pünktlich zu Start ein Livetracker eingebunden, über den man mich dann verfolgen kann. Danke dir für das nette Gespräch, Mike!
In dem Sinne vielen Dank und wir freuen uns sehr Dich zu verfolgen und noch mehr wenn wir dich nach erfolgreicher Mission wieder Interviewen können.
Info zur Expedition:
Rund um den 15. September soll es losgehen. Macht euch keine Sorgen um Micha – er wird von einem kleinen Team begleitet, das mit ihm in ständigem Kontakt steht. Außerdem wird er uns regelmäßig mit Inhalten direkt vom Meer versorgen. Er ist mit Funk und einem Satellitentelefon ausgestattet – also mit allem, was nötig ist, um mit der Welt verbunden zu bleiben.
Die Firma Secumar stellt ihm sogar einen speziell angefertigten Überlebensanzug zur Verfügung, und dank eines Trackers werden wir seine Route live verfolgen können.
Mit dem Stand Up Magazin bleiben wir so nah wie möglich an Micha dran und freuen uns jetzt schon darauf, wenn er in Französisch-Guayana ankommt – und noch mehr, wenn wir ihm auf der boot 2026 persönlich die Hand schütteln können.
Wenn ihr Euch für dieses Thema mehr interessiert, dann schaut Euch unser interview mit Chris Bertish an. Chris war der erste der den Atlantik mit dem SUP überquerte. Vor 2 Jahre überquerte er den Pazifik von Kalifornien nach Hawaii mit dem Wing.
Wir trafen uns mit ihm ein paar Tage nach seiner Ankunft in Honolulu.
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