Ultra Longdistance AMAZONAS SUP CHALLENGE

330 Kilometer SUP-Abenteuer im Regenwald von Peru

Text und Fotos: Thomas Schillig (rechts im Bild)

VORBEREITUNGEN

Nicht nur das SUP sondern auch Zelt, Schalfsack, Essen, Kleider und viele andere Dinge bringen wir in den Amazonas.

Nach einer abenteuerlichen Fahrt von Cusco über 4000m hohe Gebirgsstrassen erreichen wir endlich Pillcopata, eine kleine Stadt am westlichen Ende des Amazonas Regenwaldes in Peru.

Zusammen mit Tony Bain bilden wir das Rekognoszierungs-Team welches den Fluss Madre del Dios auf die Befahrbarkeit mit Stand-Up-Paddleboards testet. – Oder,  sind wir vielleicht die
Versuchskaninchen die von den heimischen Tieren verspiesen werden? Das werden wir bald herausfinden.

Doch bereits ein paar Stunden später gibt es beim Briefing Entwarnung.

Carlos und Freya von Amazon Canon Challenge präsentieren uns die über 300km lange Strecke und erklären dass die Tierwelt meist friedlich und eher zurückhaltend ist. Doch auch bei der Begegnung mit den heimischen Kommunen gibt es einiges zu beachten. Während wir bei einigen Kommunen übernachten werden, gibt es auch solche die keinen Kontakt wünschen und deren Uferseite wir meiden sollen.

Doch auch die Tatsache dass teils illegal Bodenschätze abgebaut und abtransportiert werden wird thematisiert und erklärt auf was wir achten müssen.

Es sind Informationen die unsere Reise Spannend machen und wir können den nächsten Tag kaum erwarten.

DIE CHALLENGE BEGINNT

Schon die Fahrt zum Einstieg in den Fluss wird zum Erlebnis.

Pünktlich mit einer Stunde Verspätung steht unser Fahrzeug vor dem Hostal. Es ist ein alter, rostiger, teils zusammengeschweisster Unimog. Wir hieven alles Gepäck auf die offene Ladefläche und nehmen selbst darauf Platz. Die holprige Fahrt führt uns aus dem Dorf hinaus und plötzlich steuert der Fahrer durch einen metertiefen Fluss und weiter durchs Dickicht des Regenwaldes. Der Weg wird immer enger. Äste fliegen uns um die Ohren, die ersten Ameisen inspizieren unser Gepäck und unsere Kleider.

START IN EIN NEUES ABENTEUER

Gespannt erwarten wir diese Herausforderung.

Noch nie war ein Stand-Up-Paddler in dieser Region des Amazonas unterwegs.

Endlich erreichen wir unsere Einstiegstelle wo wir alles abladen und unsere SUP vorbereiten. Gar nicht so einfach mitten im Dschungel wo alles feucht und schlammig ist ein perfekt geplantes Setup aufzubauen. Mehr schlecht als recht gelingt mir das, was ich später noch bereuen werde.

Mittlerweile ist auch Angel mit dem 10m langen Kanu eingetroffen. Zusammen mit Carlos und Freya von Amazon Challenge begleitet er diese Expedition. Angel gehört zur Shipetiari Kommune bei welcher wir zu Gast sein werden.

Seine Aufgabe ist es, auch bei anderen Kommunen anzufragen ob wir oder künftige Paddler willkommen sind, oder ob wir die Nacht auf eigene Faust verbringen müssen. Vieles ist hier noch ungeplant, denn wir befinden uns auf einer Rekognoszierungs-Fahrt und bislang hat sich noch kein SUP in diese Amazonas-Gegend gewagt.

Uns wurde gesagt es habe am ersten Tag Wildwasser Stufe 2-3. Trotzdem entscheide ich mich für mein 14‘x26“ Airboard Concept-SUP welches sich schon zwei mal auf dem Yukon River bewährt hat. Ab dem Dritten Tag wird es maximal noch Wildwasser 2 sein, aber ich rechne fest damit heute nass zu werden. Einen Trockenanzug hätte ich dabei falls es nonstop regnen würde. Aber bei über 30°C ist nicht daran zu denken.

Keine zwei Kilometer hat es gedauert und ich liege im Wasser. Vielleicht sind es die unerwarteten Strömungen unter Wasser oder es ist die massive Zuladung am falschen Ort auf dem SUP welche mein Board viel zu schnell kippen lässt, aber eine Abkühlung tut ganz gut. Mit der Zeit lerne ich mit dieser Eigendynamik umzugehen, aber ich muss definitiv meine Ladung optimieren. Tony hat da mit seinem 17“ OShea-SUP offenbar gerade mehr Spass in den Stromschnellen.

Der Fluss führt nicht besonders viel Wasser. Überall sind Kiesinseln und Untiefen welche gezielt umfahren werden müssen. Einmal nicht aufgepasst, schon schrammt das Board über die abgewetzten Steine. Zum Glück ist mit Tony ein absoluter Fluss-Profi dabei, welcher diese Art von Flüssen aus Neuseeland kennt. Er hat den Satelliten-Blick und sieht die Situationen extrem weit voraus als ob er sie aus der Vogelperspektive betrachten könnte.

SHINTUYA KOMMUNE

Teil unserer Reise ist es, lokale Kommunen zu besuchen und zu sehen wie sie leben und von ihnen zu lernen.

Am späten Nachmittag erreichen wir die Shintuya-Kommune welche auf der linken Flussseite eine heisse Quelle zu einem Ausflugsziel für die lokale Bevölkerung gemacht hat. Für die wenigen Touristen die sich hierher verirren wurden ein paar einfache Hütten errichtet. Wir geniessen heute Abend also nicht nur die Annehmlichkeiten eines heissen Bades sondern dürfen auch in den Hütten übernachten und haben genug Platz um unser Gepäck noch einmal umzupacken.

Bei Einbruch der Dunkelheit verwöhnt uns die Familie der Shintuya-Kommune mit einem ausgezeichneten Nachtessen. Gemüse und Yucca, sowie Fisch der im Bambus gegart wurde. Ein wunderbarer Duft strömt uns entgegen als wir das Bambusrohr öffnen und den Fisch auf unsere Teller anrichten.

Nach dem Nachtessen entführen uns Julio und Walter in die Bräuche ihres Stammes. Sie zeigen uns wie sie aus leichtem Holz, Federn und Faden Pfeile zur Jagd herstellen und luden uns ein selbst welche zu fertigen.

Eine äusserst filigrane Arbeit bei der zwei halbe Federn mit Hilfe einer Pechmischung hinten am Pfeil angeklebt werden und anschliessend mit einem feinen Faden der Ananas fixiert werden.

Wir sitzen alle zusammen ums Feuer und Julio erzählt uns Geschichten vom Wald und vom Fluss. Er ist noch einer der letzten Einwohner, welcher in der Shintuya-Kommune aufwuchs als diese noch keinen Kontakt zur Aussenwelt hatte.

Während Julio uns diese Geschichten erzählt erhalten wir die stammestypische Körperbemalung, eine Art Tattoo deren Farbe aus der Essenz einer Frucht gewonnen wird und ungefähr eine Woche halten wird.

Der Fluss ist über Nacht um über einen Meter angestiegen. Es waren wohl ziemlich starke Regenfälle flussaufwärts von denen wir aber nichts mitgekriegt haben.

Nach dem Frühstück beladen wir wieder unsere SUP. Dieses Mal verteile ich das Gepäck etwas besser. Weniger Gewicht auf der Finne, dafür weiter nach vorne.

Am Flussufer haben sich bereits unzählige Einheimische versammelt welche auf einer kleinen Kiesbank gemütlich herumsitzen während die Kinder im warmen Wasser der einmündenden heissen Quelle herumtollen.

Sehr wahrscheinlich hat es sich herumgesprochen dass heute ein paar verrückte Gringos hier starten.

Zurück auf dem Wasser merke ich schnell dass die Neuanordnung des Gepäcks einen grossen Unterschied macht. Das Board fährt nun viel ruhiger und stabiler. Es ist ein heisser Tag und es hat fast keine Wolken welche die Sonne verdecken. Jetzt möchte ich am liebsten freiwillig ins Wasser springen.

Auch meine Bekleidung habe ich optimiert. Statt in Trekkinghosen paddle ich nun mit Badehose, Schienbeinschonern und Gummistiefel. Helm, und Protektoren sind auf dieser Tour durchaus ratsam, denn es gibt überall untiefe Stellen mit vielen Steinen und ganzen Bäumen. Verletzungen können hier in einer solch abgelegenen Gegend ziemlich problematische Folgen haben denn Hilfe wird erst Stunden wenn nicht Tage später eintreffen.

Es ist ein kurzer Paddeltag. Nur gerade 32km sind wir auf dem Madre del Dios unterwegs als wir bei der Shipetiari-Kommune von Angel eintreffen. Gespannt verfolgen einige Shipetiaris unsere Ankunft vom Ufer aus.

SHIPETIARI KOMMUNE

Familien welche sonst kaum Kontakt zu westlichen Besuchern haben empfangen uns herzlich und zeigen uns ihre Kultur.

Ein kurzer Fussmarsch führt uns ins Innere der Insel wo wir von Mateo? empfangen werden. Kaum haben wir uns an den grossen Holztisch seiner Familie gesetzt, werden wir eingeladen Masato zu Trinken. Masato ist ein dickflüssiger Yucca-Saft, schon fast brei-artig, welcher drei bis vier Tage lang fermentiert wurde. Dieser wird in einer grossen Schale aus Holz herumgereicht, mit einem «Gracias» entgegengenommen und mit «Salud» getrunken.

Es ist etwa 16 Uhr als die Kinder von der Schule kommen. Zusammen gehen wir zurück an den Fluss und laden nacheinander so viele Kinder wie möglich auf unsere SUPs. Diese haben einen riesigen Spass und ist schön zuzusehen wie die Kinder auf unseren SUP herumspielen.

Etwa eine Stunde später sitzt die ganze Kinderschar von etwa einem Duzend Kindern am grossen Holztisch und geniesst seelenruhig unseren grossen Kuchen und die Trinkschokolade, welche wir als Geschenk mitgebracht haben.

Wir stellen in dieser Zeit unsere Zelte gleich neben der Holzhütte von Mateos Familie auf. Vermutlich ist es unser letztes Camp in bewohntem Gebiet.

Die Kommune serviert uns eine einfache aber nahrhafte Mahlzeit.  Eine typische Suppe wie man sie in Südamerika oft bekommt. Mit Reis, etwas Poulet und Yucca welcher in dieser Region das Grundnahrungsmittel ist, und hier überall angebaut wird.

Der Boden in dieser Amazonasregion ist extrem unfruchtbar. Eigentlich undenkbar, wenn man all dieses Grün sieht, aber Früchte und Gemüse gedeihen auf diesem Boden kaum. Um diesen Boden fruchtbar zu machen werden die bestehenden Bäume und Pflanzen abgebrannt und die Erde mit der Asche angereichert. Diese „Slash and Burn“- Methode ist leider nicht ganz nachhaltig aber bei weitem nicht das grösste Problem der Abholzung.

Am Abend sitzen wir mit der Familie gemütlich ums Feuer. Es wird Masato herumgereicht und Matheo erzählt uns Geschichten von den Tieren aus dem Amazonas.

Dabei grillieren wir Platanos, so genannte Gemüsebananen welche auf grossen Bananenblättern angerichtet werden.

Es ist eine klare Nacht und es sind unzählige Sterne zu sehen, aber flussaufwärts kann man Blitze sehen. Womöglich werden diese Gewitter den Fluss noch einmal ansteigen lassen. Die Temperaturen fallen Nachts kaum unter 20°C und in unseren Zelten ist es viel zu warm so dass wir lange nicht einschlafen können. Schwitzend lagen wir ohne Schlafsack auf unseren Matten und lauschten den unzähligen Geräuschen zu welche aus dem Dickicht zu hören waren.

Nach einem reichhaltigen Frühstück bestehend aus Fisch Reis und Gemüse zeigt uns ein Shipetiari wie man mit Pfeil und Bogen schiesst.  „Es ist enorm was für eine Spannkraft dieser Bogen hat“ bemerkt Tony welcher selbst weiss wie mit einem Sportbogen umzugehen ist. Die richtigen Jagdpfeile sind einiges länger als jene wir vorgestern gemacht haben. Sie verfügen über verschiedene abnehmbare Spitzen welche je nach Ziel ausgewechselt werden können. Wir brauchen einige Versuche bis wir unser Ziel aus kurzer Distanz endlich treffen. Wir sind äusserst gerührt als uns diese Pfeile zum Abschied geschenkt werden.

Die Kinder sind bereits in der Schule, und die meisten Erwachsenen auf dem Feld. Ein paar wenige winken uns zum Abschied zu, dann geht es in den dritten Tag.

Das Wasser ist wieder gestiegen und die Strömung hat erneut zugenommen. Wir werden keine vier Stunden für die kommenden 50 Kilometer benötigen.

MASHCO-PIRO (NOMOLE)

Wir paddeln auch durch Gebiete in welchen Fremde nicht unbedingt willkommen sind.

Heute gilt es so einiges zu beachten, denn auf der linken Flussseite leben auf einem Abschnitt die Mashco Piro (Nomole). Eine Kommune welche keinen Kontakt zur Aussenwelt wünscht. Eindringlinge in deren Land könnten unter Umständen nicht von ihrem Besuch erzählen. Der einzige Austausch der diese Kommune pflegt ist, in dem der Dorfälteste ab und zu an die andere Uferseite geht um mit einer Kontaktperson zu reden. Diese beherrscht die Sprache der Mashco Piro (Nomole) welche sonst kein Spanisch sprechen, und vermittelt dies dann an das Kulturministerium Perus.

Wir bleiben möglichst auf der rechten Seite, dicht bei uns das Begleitkanu welches sonst weit hinter uns fährt und uns die Wahl der Route völlig selbst überlässt. Wir überqueren diese Passage problemlos, denn der Fluss ist doch recht breit und gegen Nachmittag erreichen wir Boca Manu wo unser Support-Kanu Proviant auffüllt. Bei dieser Gelegenheit können wir auch eine warme Mahlzeit in einem einfachen Restaurant geniessen.

Unweit davon entfernt befindet sich eine kleine Landebahn im Gras wo gelegentlich Waren umgeschlagen werden. Uns wurde nahegelegt dass wir in dieser Umgebung keine Fotos machen sollen da womöglich nicht alle Waren sauber deklariert sind.

NESTOR’S PLACE

Ein Paradies mitten im Amazonas.

Gegen Abend erreichen wir das Anwesen von Nestor. Wir hieven unsere SUP zehn Meter das steile Uferbord hinauf und verstecken diese Im Regenwald. Nostor meint alles was nicht von hier ist das macht neugierig. Dann folgen wir ihm während ca. 15 Minuten auf einem Pfad durch den Regenwald bis wir plötzlich auf einer grossen grünen Lichtung ankommen. Wirklich, ein echt schönes Anwesen! Nestor hat hier ein kleines Paradies geschaffen. Sieben einfache Hütten ohne Strom, aber mit eigener Dusche und Toilette, sowie einem Gemeinschaftsraum der mit feinen Gittern vor unliebsamen Gästen geschützt ist.

Nestor gibt sich ganz einfach. Er meint er habe lange gespart um dieses Grundstück so herzurichten, ist aber nicht sonderlich erpicht Gäste anzuwerben. Jene die ihn kennen seien willkommen und er lebe gerne von der Mund-zu-Mund Propaganda.

Währenddessen hat er bereits ein paar Früchte von den Bäumen gepflückt und uns zum Essen gegeben. Früchte wie “Caimo” und andere uns unbekannte Namen, welche keiner von uns je gegessen hat und supersüss schmecken.

Auf einem nächtlichen Spaziergang zeigt uns Nestor sein Reich.

Wir durchschreiten auf schmalen Pfaden und über Baumstamm-Brücken den Regenwald und entdecken diverse Nachtaktive Tiere wie Taranteln und Affen, stets begleitet von der atemberaubenden Geräuschkulisse.

DIE UNERBITTERLICHE SUCHE NACH GOLD

Die Suche nach Bodenschätzen im Amazonas hinterlässt ihre Einschnitte in diesem Paradies.

Die ganze Nacht hindurch waren die verschiedensten Tiergeräusche zu hören welche allmählich zu unserem Schlaflied wurden. – Ein paradiesisches Schlaflied, und doch müssen Nestors kleine Paradies verlassen.

Vor uns liegt ein langer Tag mit über 60 Kilometern. Wir werden begleitet von unzähligen Schmetterlingen welche sich am Salz von unseren verschwitzten Kleidern gütlich tun und sich während dem Paddeln ständig auf uns niederlassen.

Am Ufer zeugen kleine Schutthaufen von den Goldgrabungen welche, je weiter wir Flussabwärts paddeln, immer höher werden und es uns teilweise schwierig machen dazwischen durch zu navigieren. Daneben stehen riesige Maschinen die teils ganze Böschungen niederreissen.

Das Goldschürfen selbst ist vielleicht nicht das Hauptproblem, sondern die Art wie es ausgeführt wird. Gold wurde schon früh in kleinen Mengen abgebaut, doch mit der Zeit kamen immer rabiatere Methoden zum Einsatz.

Noch bis vor einigen Jahren wurden illegale Minen von der Regierung und dem Militär erfolgreich gestoppt. Mittlerweile lässt man sie jedoch – wieso auch immer – gewähren.

Um an das Gold zu gelangen wird unter anderem Quecksilber eingesetzt und viele der Arbeiter sind sich der Gefahr wohl nicht bewusst und das Abwasser wird teils ungefiltert in den Fluss geleitet. Zudem werden hektarenweise Wald abgeholzt und nach dem Verlassen der Schürfplätze nie wieder aufgeforstet.

Ein weiteres Problem ist, dass grosse Abbau-Konzerne teilweise Land von Kommunen abkaufen und diese mit Jobangeboten in die Mining-Towns locken. Somit gibt es bereits unzählige verlassene Kommunen in der Gegend und es war auch nicht möglich eine Kommune zu finden bei welcher wir übernachten können.

An einer Flussbiegung welche vom Maschinenlärm verschont scheint, stellen wir unsere ultraleichten Zelte auf und bemerken, dass Angels Konstruktion noch leichter ist. – Er sucht sich vier lange Äste, verkeilt sie senkrecht im Boot und spannt ein Moskitonetz darüber – fertig.

Er hält auch nicht viel von unserer Trockennahrung die wir im Beutel zubereiten. Und so beschliesst er, nach Einbruch der Dunkelheit sein Netz am Flussufer auszuwerfen um frische Fische zu fangen. Nach einer halben Stunde haben wir bereits genug für uns vier gefangen und der Fisch wird auf dem Lagerfeuer gebraten.

Plötzlich leuchtet er mit seiner Taschenlampe ans Ufer. Zwei Augen eines Caymans funkeln im Dunkeln. Die kleinen Krokodile sind aber extrem scheu und keine Gefahr für uns.

DIE RUHE IST VORBEI

Goldgräber-Städte beleben das Ufer und den Fluss

Etwas überrascht sind wir am Morgen des fünften Tages als wir nahe unserer Zelte frische Spuren eines Jaguars entdecken. Ganz alleine waren wir offenbar nicht.

Da es bereits vor sechs Uhr hell ist sind wir früh startklar und paddeln bereits um 8 Uhr los. Vor uns zeichnet sich eine Regenfront ab. Wir sind froh über jede Wolke die etwas Schatten spendet, denn so ist das Paddeln viel erträglicher als bei über 30°C in der prallen Sonne. Der Regen trifft uns nur kurz, gerade mal 15 Minuten Nieselregen und alles ist vorbei.

Nach fast 60 Kilometern paddeln erreichen wir Boca Colorado. Eine Goldgräberstadt in welcher es unzählige Läden und Werkstätten gibt um die Maschinen zu unterhalten. Wir nutzen die Gelegenheit um unsere Wasservorräte aufzufüllen. Doch lange bleiben wir nicht hier, denn es wird bereits in drei Stunden dunkel und wir möchten noch gut zehn Kilometer weiter paddeln und uns einen ruhigen Ort am Ufer suchen.

Als wir an einer geeigneten Flussbiegung ankommen muss alles ganz schnell gehen. Die SUP werden aus Sicherheitsgründen sofort in einer Senke versteckt, denn wir sollten nicht auffallen.

Die Mineure und die Einwohner sind nicht das Problem, jedoch gab es in den letzten Jahren immer wieder Überfälle auf Mineure von Banditen die aus Puerto Maldonado flussaufwärts kamen. Wir Gringos könnten mit unseren SUP wohlhabend wirken und eventuell ein Ziel sein, denn bereits in Boca Colorado wurden wir gefragt ob wir Goldkäufer seien. Ohne sichtbare SUP, mit nur einem Holzkanu am Ufer sollten wir bei Einbruch der Dunkelheit nicht mehr besonders auffallen.

FINAL DAY

Jedes Abenteuer nimmt ein Ende

Es ist der letzte Tag und es wird uns bewusst dass dieses Abenteuer langsam ein Ende nimmt. Auch wenn wir die Kilometer langsam in unseren Muskeln spüren, so geniessen wir die letzten Windungen dieses atemberaubenden Flusses.

Wir haben das Gefühl dass sich die Anwesenheit der zwei Gringos, welche stehend den Fluss hinunterpaddeln, herumgesprochen hat. Wo Anfangs die Bootsfahrer nur zögerlich zurückwinkten, werden wir mittlerweile mit einem freudigen „Hola“ begrüsst und es werden uns von Booten Bananen zugereicht.

Es stellt sich zudem heraus dass sich das Banditen-Problem in den letzten Monaten offenbar gelöst hat. «Wird haben die aussortiert» meinte ein Mineur lachend mit einer eindeutigen Handbewegung.

Am Nachmittag des sechsten Tages erreichen wir unser Ziel, die Los Amigos Biological Station.

Wir haben es geschafft! Nach 333km sind wir an unserem Ziel angekommen.

Es sind aber nicht die Kilometer die zählen. Es sind die einzigartigen und einmaligen Begegungen die wir erleben durften welche dieses Abenteuer unvergleichlich machen.

Wir werden von Carlos und Angel herzlich empfangen und gefeiert. Aber wir sind immer noch mitten im Amazonas Regenwald. Hoch über den Baumwipfeln auf einem kleinen Plateau befindet sich diese Forschungsstation welche sogar über ein eigenes DNA-Labor verfügt.

Hier werden nicht nur unzählige Tierarten erforscht, sondern auch die Auswirkungen der Minen aufs Wasser und auf die gesamte Atmosphäre.

Es ist ein kleiner Luxus den wir hier geniessen dürfen. Jeder hat sein eigenes Bungalow und genug Platz um all seine nassen Sachen zu trocknen und ordentlich zu verpacken.

Am Tag darauf müssen wir den Amazonas definitiv verlassen. Wir warten am Ufer des Madre del Dios auf ein Schnellboot das uns in Richtung Puerto Maldonado bringt. Während der dreitündigen Fahrt flussabwärts ist jeder in sich gekehrt. Es gibt so viele unvergessliche Eindrücke zu verarbeiten. Die Begegnungen mit den Kommunen waren einzigartig und werden uns immer in Erinnerung bleiben. Und im Hinterkopf, der Gedanke dass dieser Fluss von Puerto Maldonado weiter Richtung Westen nach Bolivien führt. – Fortsetzung folgt…? Vielleicht.


Tony Bain

Neuseeland

Ein “SUPMADKIWI”. Geboren in Neuseeland und jetzt in Nordwales lebend und betreiber einer SUP-Schule. Aufgewachsen auf Farmen der Südinsel Neuseelands habe ich schon immer ein starkes Interesse an Outdoor-Abenteuern gehabt. Peru und Kanada waren schon immer Länder, die ich erkunden wollte.

Seit zehn Jahren lote ich gerne die Grenzen aus. Das erste große Abenteuer war im April 2013, als wir zu viert 354km entlang des längsten Flusses im Vereinigten Königreich, dem River Severn, gelaufen, geradelt und gepaddelt sind.

2017 war ich die erste Person, die Isle of Anglesey (an der Nordküste von Wales) nonstop umrundet hat. Die Tour dauerte 18,5 Stunden.

Die Yukon River Quest (715 km) habe ich leider nicht beendet, kehrte jedoch 2018 zum Yukon 1000 zurück und war einer der ersten 6 Menschen weltweit, die daran teilnehmen durften.

Dabei gilt es über 1600km in zehn Tagen durch die kanadische Wildnis und durch Alaska zu paddeln.

In Neuseeland habe ich auf den meisten großen Seen der Südinsel gepaddelt und viele Flüsse der Südinsel befahren, darunter Clutha (338 km in einer 4-tägigen Tour), Rakaia, Waimakariri und Buller von den Alpen bis zum Ozean.


Thomas Schillig (Author)

Schweiz

Seit 2011 bin ich am Paddeln und seit zehn Jahren für die Schweizer SUP-Marke Airboard tätig wo ich für viele Innovationen bei aufblasbaren SUP mitverantwortlich bin.

Seit 2018 bin ich den Langstrecken verfallen. Im Jahr 2020 habe ich – wegen den Reisebeschränkungen – die 25 grössten Schweizer Seen umrundet, einschliesslich einer 24h Nonstop-Umrungdung auf dem grössten See innerhalb des Landes. Im Jahr 2021 paddelte ich auf den 10 größten Schweizer Flüssen, einschließlich Wildwasserstrecken.

Seit das Reisen wieder erlaubt ist, reise ich international und paddle mehr als 2500 km im Jahr. Mein Highlight: den Yukon River Quest (715 km) zum zweiten Mal absolviert, diesmal auf dem zweiten Platz.

Wenn ich nicht paddle, bin ich oft mit meinem Mountainbike in den Bergen unterwegs oder im Winter beim Snow-Bodyboarding.

Zum peruanischen Amazonas habe ich eine besondere Beziehung. Ich war bereits vor mehr als 10 Jahren in der Madre del Dios Region unterwegs, aber ohne SUP. Der Amazonas hat mich schon damals fasziniert, aber niemals hätte ich gedacht, dass ich wirklich zu dieser erstaunlichen Natur auf dem SUP zurückkehren würde.


Angel

Shipetiari Kommune

Angel stammt aus der Gemeinde Shipitiari. Diese indigene Gemeinschaft gehört dem indigenen Volk der Machiguenga an. Sie stammen ursprünglich nicht aus dieser Gegend, sondern sind hierher gezogen, um der Sklaverei der Kautschukbarone aus der Region Urubamba zu entkommen.


Carlos & Freya

Amazon Canoe Challange

Als wir von der Amazon Canoe Challenge träumten, wollten wir ein Erlebnis schaffen, das nicht nur ein unvergessliches Abenteuer wäre, sondern eines, das tatsächlich positive Veränderungen bewirkt. Unser Wunsch, etwas zurückzugeben, treibt uns an – echten Einfluss durch Gemeindestärkung, Partnerschaften mit lokalen Organisationen und Schulungen zu schaffen.

Durch den Tourismus beabsichtigen wir, lokale Gemeinschaften mit einer alternativen Einkommensquelle zu unterstützen und so die Abhängigkeit von den illegalen Abholzungs-, Erdöl- und Drogenhandelsindustrien zu reduzieren, die der Umwelt und den Menschen in diesen Gebieten so viel Schaden zufügen. Wir sind vielleicht klein, aber streben nach großen Veränderungen.


Mashco-Piro

Die Mashco-Piro oder Mascho Piro, auch als Cujareño-Volk und Nomole bekannt, sind ein indigener Stamm von nomadischen Jägern und Sammlern, die entlegene Gebiete des Amazonas-Regenwaldes bewohnen. Sie leben im Manú-Nationalpark in der Region Madre de Dios in Peru. In der Vergangenheit haben sie aktiv den Kontakt zu nicht-einheimischen Völkern vermieden.

Im Jahr 1894 wurde der Großteil des Mashco-Piro-Stammes von der Privatarmee von Carlos Fitzcarrald im oberen Manú-Flussgebiet ermordet. Die Überlebenden zogen sich in entlegene Waldgebiete zurück. Die Sichtungen von Mitgliedern des Mashco-Piro-Stammes nahmen im 21. Jahrhundert zu. Laut dem Anthropologen Glenn Shepard, der 1999 eine Begegnung mit den Mashco-Piro hatte, könnten die vermehrten Sichtungen des Stammes auf illegale Abholzung in der Region und auf tieffliegende Flugzeuge im Zusammenhang mit Öl- und Gasexploration zurückzuführen sein.

Im September 2007 filmte eine Gruppe von Ökologen etwa 20 Mitglieder des Mashco-Piro-Stammes aus einem Hubschrauber heraus, der über dem Alto Purús Nationalpark flog. Die Gruppe hatte ein Lager an den Ufern des Flusses Las Piedras in der Nähe der Grenze zwischen Peru und Brasilien eingerichtet. Wissenschaftler glauben, dass der Stamm während der Trockenzeit bevorzugt Hütten aus Palmblättern an Flussufern zum Fischen errichtet. Während der Regenzeit ziehen sie sich in den Regenwald zurück. Ähnliche Hütten wurden in den 1980er Jahren gesichtet.

Im August 2013 berichtete die BBC, dass eine Gruppe von Mashco-Piros offenbar benachbarte Dorfbewohner um Nahrung bat. Die peruanische Regierung hat den Kontakt zu den Mashco-Piros aus Angst vor einer möglichen Infektion mit Krankheiten, gegen die die Mashco-Piros keine Immunität entwickelt haben, verboten.

Quelle: Wikipedia (Aus english übersetzt)