Anna Tschirky ohne Sponsor Ein Interview

Anna Tschirky ist die erfolgreichste Schweizer Paddlerin und machte sich in den letzten Jahren auch international einen Namen. Die mehrfache Schweizermeisterin ist regelmässig unter den Top Ten an den grossen Internationalen Rennen, wurde am Paris Nautic Crossing Dritte und an den Europa Meisterschaften in Dänemark 2022 vierte im Technical Race. Dieses Jahr konnte sie bereits beim GlaGla Race im Januar ihren ersten grossen internationalen Sieg feiern. 

Wenn man Anna an Rennen sah, war sie hauptsächlich mit Fanatic Raceboards unterwegs und wurde auch von der Marke gesponsert. Nun, da sich Fanatic aus dem SUP Rennsport zurückgezogen hat, stand Anna wie einige andere ohne Sponsor da. Die Rennsaison steht vor der Türe und Anna hat soeben bekannt gegeben, dass sie dieses Jahr ohne Partnerschaft mit einer Marke ins Rennen gehen will.

Wir wollten von der vielversprechenden Athletin wissen wie sie das SUP Jahr 2023 und ihre Situation beurteilt.

Aloha Anna,

vielen Dank, dass Du Dir für das Stand Up Magazin Zeit genommen hast. Erst Mal interessiert uns wie auf die Nachricht von Fanatic reagiert hast und ob du das hast kommen sehen?

Hallo Mike!  Danke für deine schnelle Reaktion auf meinen Post bezüglich meiner Ankündigung, dieses Jahr ohne Boardsponsor unterwegs zu sein und die Anfrage für das Interview. 

Zu Beginn möchte ich noch kurz klarstellen, dass ich nicht von Fanatic International gesponsert wurde. Mein Sponsoring lief direkt über Fanatic Schweiz und ich stand mit der lokale Vertretung in Kontakt. Vielen Leuten ist dies nicht bewusst. 

Bezüglich deiner Frage habe ich in den letzten Jahren schon gemerkt wie die Entwicklung von Boardshapes im allgemeinen, z.B Hollow-Kostruktion, vorangeht. Bei den Fanatic Flatwater Raceboards hat sich jedoch nichts gross verändert, was wohl auch daran liegt, dass sie nur einen kleinen Bereich des Verkaufs ausmachen. Der Inflatablebereich hingegen war schon immer sehr populär. Gewissermassen habe ich es also kommen sehen, war dann aber doch überrascht diesen Winter per Zufall von einem Paddelkollege über die Auflösung des internationalen Teams informiert zu werden. 

Da das nun hinter uns liegt und wir auf die 2023 Saison blicken, lass uns kurz über dein Statement sprechen.  Du sagst, es ist unmöglich ein Brett für deine Statur zu finden, oder mindestens ein Brett das dir gut liegt. Sprich auf Flatwater brauchst du ein anderes Brett als auf dem Meer und es gibt keine Marke die deine Bedürfnisse in beiden Gewässern abdeckt.

Das es unmöglich ist habe ich nicht explizit so gesagt, aber es ist korrekt, dass es für mich als kleine und leichte Athletin momentan schwer ist, passende Bretter einer Marke zu finden, welche beide Bereiche (Flachwasser & Meer) abdeckt. 

Als Athletin investiert man so viel Zeit und Energie ins Training, die Vorbereitung und alles drum und dran. Natürlich spielt dabei auch das passende Material eine wichtige Rolle und irgendwann begann ich mich zu fragen, ob meine Boards denn wirklich zu meiner Statur passen. 

In anderen Sportarten ist alles auf den Sportler abgestimmt. So würde wahrscheinlich niemand über ein halbes Jahr diszipliniert für einen Marathon trainieren und dabei statt mit passender Schuhgrösse 39 das Ganze in der Nummer 43 absolvieren.

Nach langem Überlegen habe ich deshalb und aufgrund ein paar weiteren Faktoren auf die ich hier nicht eingehen werde, beschlossen dieses Jahr ohne Boardsponsor unterwegs zu sein. Ich werde die Bretter fahren, die mir am besten entsprechen oder einfach auch was vor Ort verfügbar ist, falls der Transport zu einem Rennen zu aufwendig ist. 

Wenn ich mich richtig erinnere sahen wir dich schon an den ESF in Dänemark auf einem SIC im Meer. Alle dachten dann du hättest das Team gewechselt. Erzähl uns doch mal etwas darüber wie man Material findet wenn man 155cm gross ist und 50kg wiegt.

Genau, daran kann ich mich gut erinnern. Es gab viele Verwechslungen in Livestream, da ich nicht wie gewohnt mit meinem Fanatic unterwegs war. Leider war es nicht ganz so einfach von Fanatic ein passendes Board fürs Meer zu organisieren, was nicht viel zu viel Volumen hat und zu breit ist. Deshalb habe ich bereits anfangs letzte Saison nach einer Alternative für diese Rennen gesucht. Das SIC RS LV (low volume) hat mich von Anfang an begeistert und per Zufall fand ich ein gutes Occasion Angebot, was die Sache schnell klar machte. 

Als kleine und leichte Athletin habe ich einfach andere Bedürfnisse und Anforderungen, als ein 1.80 grosser Mann der 75kg wiegt, und trotzdem paddeln wir nicht selten auf dem gleichen Board. Ich denke dass nicht umbedingt nur die Breite, sondern auch das Volumen und dessen Verteilung für kleinere Personen eine grosse Rolle spielt. 

Du wirst weiterhin mit deinem alten Fanatic Brett Flatwater Rennen bestreiten bist aber auf der Suche nach einer Alternative. Was wäre ein perfektes Brett für dich?

Fürs Flachwasser bin ich auf der Suche nach einem Brett, was natürlich so schnell wie möglich ist, ich aber auch bei ein bisschen Chop gut handeln kann, denn auch ein Flachwasserrennen ist nie 100% flach. Ausserdem sollten schnelle Turns möglich sein und wie vorhin erwähnt, das Volumen klar reduziert. Ich denke für mich würde ein Brett unter 240l problemlos passen.

Nicht zu vergessen natürlich das Gewicht. Viele Bretter sind relativ schwer und „massig“. Leider kann dies jedoch nur bedingt angepasst werden, da am Ende bei der WM der ICF ein Minimalgewicht vorgeschrieben ist und man ja auf dem gewohnten Board fahren möchte. Aber ich bevorzuge definitiv Bretter unter 11.5kg. Dug out bin ich gewöhnt, aber extreme Badewannen Boards mag ich eher weniger…

Nun zum Schluss noch: Was sind deine Pläne für 2023? An welchen Rennen werden wir Anna sehen?

Nach erfolgreich bestandener Maturaprüfung im letzten Sommer, werde ich den Fokus nun auf den Sport legen und dieses Jahr vor allem SUP Rennen absolvieren. Meine aktuelle Renn-Vorbereitung besteht unter anderem mit einem 2-monatigen Aufenthalt in Fuerteventura, um noch mehr Erfahrung auf dem Meer zu sammeln und meine Skills dort zu verbessern. 

Ich werde die Saison offiziell in Costa Blanca eröffnen und sicherlich an diversen weiteren EuroTour Rennen dabei sein, plane ein paar ICF World Cup Wettkämpfe zu bestreiten sowie eventuell einige Stopps der APP. Ein Highlight wird sicher auch die WM in Thailand Ende Jahr sein!

Was uns natürlich auch neugierig macht ist: Wie wirst du dir die 2023 Saison finanzieren? Gibt es Brett unabhängige Sponsoren die für Dich potentielle Kandidaten sind?

Schon lange habe ich geplant, nach meinem Schulabschluss mich auf den Sport zu konzentrieren und habe dementsprechend bereits seit mehreren Jahren dafür gespart. Dies nimmt mir klar ein bisschen Druck von der Sponsorensuche, mir ist aber auch klar, dass dies in Zukunft nicht so weitergehen kann. Deshalb bin ich bereits seit längerem, leider bis jetzt immer noch etwas erfolglos, auf der Suche nach Sponsoren, welche mich auf meinem Weg zu Profisportlerin unterstützen. 

SUP als Einzel- und Randsportart ist leider (zumindest in der Schweiz) einfach nicht sehr attraktiv und viele Unternehmen bevorzugen die Unterstützung von Teamsportarten. Auch lokal hat es sich als schwer erwiesen, finanzielle Unterstützung zu finden. Jedoch konnte ich mit dem Unverpacktladen „OHNI Thun“ einen Partner gewinnen, der mich und meine Tätigkeiten unterstütz. Auf die Zusammenarbeit bin ich sehr stolz, da ich ihr Konzept und Engagement genial finde. 

Local support

Sponsorensuche braucht extrem viel Zeit und Energie, welche ich nun kurz vor Saisonbeginn lieber in mein Training investiere. Ich hoffe, dass ich trotzdem noch den ein oder anderen Sponsor von mir überzeugen kann und bin stets offen für neue Partnerschaften mit Marken und Unternehmen, deren Werte auch ich vertrete.

Ausserdem werde ich, wie bereits letztes Jahr, wieder mit dem Familienauto unterwegs sein und damit durch Europa Touren um Übernachtungs- sowie Transportkosten so klein wie möglich zu halten.

Vielen Dank für dDeine Ausführungen und viel Erfolg dieses Jahr.