Rudy Talks SUP und Vereine

Rudy van Haven ist seit einigen Jahren im SUP Sport und hat dank seinen Erfahrungen als aktiver Kajakathlet einiges an Wissen wir man Events organisiert, trainiert und wie man mit Verbänden umgeht.

Wer Rudy kennt, weiß, dass Rudy sagt was er denkt und wir finden das gut so. Darum wollen wir Rudy in diesem Interview oder besser Gespräch ausführlich darüber sprechen, was im Sport falsch oder richtig läuft und was Verbände für den Sport tun… oder auch nicht.

Aloha Rudy,

es ist immer eine Freue mit dir zu quatschen und ich schätze deine Offenheit sehr. Bevor wir hier aber tief ins Thema gehen erzähl uns doch mal wer du bist über deine Wurzeln im Kajak Sport und letzten Endes wie du dann zu SUP gekommen bist.

Alles begann 1981 mit den ersten spielerischen Versuchen im Kayak. 1985, also schon im Alter von 16 Jahren, wurde ich erstmalig ins Nationalteam einberufen und beendete meine internationale Karriere im Elite Sport im Jahr 2000 nach der Europameisterschaft. In dieser Zeit wurde ich über 50mal Staatsmeister und schaffte 3 Top 10 Platzierungen an Weltmeisterschaften jeweils im Kayak Einer und war von 1990 bis 1996 ebenfalls unter den besten 10 der Weltrangliste zu finden. Mir war es immer wichtig meine Unabhängigkeit zu bewahren und bemüht, parallel meine berufliche Laufbahn voranzutreiben.

Meine Faszination am SUP entwickelte ich 2012 erstmalig und die 10. Edition meines Raven Events zeigt, daß ich auch recht schnell im Veranstaltungsmanagement Fuß gefasst habe und durch innovative Bewerbe schnell eine gewisse Bekanntheit erreichte.

Der Kajaksport scheint sehr gut organisiert zu sein und trotzdem hältst du nicht viel von Verbänden. Mal abgesehen vom SUP Sport, haben Verbände nicht viel gutes für ihre Sportarten getan?

Verbände sollten sportlich und wirtschaftlich stabile Plattformen darstellen auf denen sich der Sport einerseits klassisch geprägt als Wettkampfsport und andererseits innovativ verspielt als Breitensport ausbilden kann. Zu viele Verbände sehen ihre Kernkompetenz aber lediglich dem Elite Sport verpflichtet, die Zubringerebene die kleinen Vereine bleiben dabei oft komplett vernachlässigt in ihrer Arbeit übrig.

Zukünftige Elite Athleten gehören aber schon früh erkannt und gefördert und genau hier ist die Verantwortung eines Verbandes gefragt. Einfach nur einen fertigen Athleten zu übernehmen ist viel zu wenig und verhindert schließlich auch dessen kontinuierlich Entwicklung. Tausende junge Talente brechen so weg au der Welt des Sports.

Du meintest zu mir vor kurzem, dass die ISA nur die Elite fördert. Und was du hier sagts unterstreicht das ganze nochmals. In dem Sinne übernimmt die ISA die Elite Athleten an ihren SUP Weltmeisterschaften von den Nationalverbänden die die Qualifikation ausrichten. Haben nicht alle Sportarten dein gleiches oder sehr ähnliches Konzept?

Ich denke solche Regelungen sind sinnvoll in einem Sport wo es auf nationaler Ebene mehrere dutzend Athleten gibt die um die Ehre ihre Nation vertreten zu dürfen gegeneinander antreten und wo es auch ausreichend Nationen gibt. Auf europäischer Ebene bedient die ISA mit ihren aktuellen SUP Formaten bestenfalls 10 Nationen und das sind die mit klassischen Surf Revieren. Europa besteht aber aus 47 Nationen.

Ein Beispiel: bei den YouthGames der Kanuten waren in der Klasse U15 männlich, also 14 jährige, im Kayakeiner 40 Jungs aus 40 verschiedenen Nationen am Start. Da braucht man glaube ich nicht mehr viel dazu sagen.

Wir sprechen immer wieder über die ISA und die ICF. Wir hatten gerade zwei Meisterschaften die nach dem Konzept der ISA ausgetragen wurden. SUP wird als Surfsport verstanden und dem entsprechend sind dann die Wettweberbe auch so ausgelegt.

Die ISA versteht sich als Surfverband und genau so sind auch die SUP Bewerbe ausgelegt.

Das mag spektakulär aussehen hat aber einen wesentlichen Haken: Zum einem sind 14 Fuss Board keine Surfboards und mitunter führt das zu sehr gefährlichen Situationen für Athleten, zum andern limitiert die ISA ihren Aktionsradius auf Nationen mit Meerzugang.

Also formt sich eine Elite die weitgehendst unter sich bleibt und der Favoritenkreis ist überschaubar und somit auf Dauer uninteressant für Zuschauer aber auch, und das ist besonders tragisch, für mögliche Geldgeber.

Das Thema Jugendliche ist optisch als bestenfalls katastrophal zu interpretieren. Ich meine, 5 Juniorinnen auf der Langdistanz in Portugal – echt jetzt ISA, das soll jetzt das berühmte BEST OF THE BEST sein? Ich empfinde das als Tragödie, als Systemversagen. Wie man sieht, brechen in Paris und Spanien aktuell 2 Mega SUP Events weg. Bei Paris besonders tragisch, weil diese Stadt die grösste Bühne bietet für unseren Sport.

Ich muss aber sagen, das beide Meisterschaften der letzten Wochen: Die ISA in Frankreich und die ESF in Portugal enormes Unterhaltungspotential hatten. Eigentlich genau das was die Zuschauer lieben: Mehrere Führungswechsel innerhalb einer Runde und dank den Wellen unvorhergesehen Stürze und Chaos. Die meisten Leute freuen sich über solche Formate.

 Deine Argumentation: Sehe ich klar anders. Die Einschaltquote in den Lifestreams war die allermeisten Zeit unter 100 permanenten Zuseher, die Leute am Strand waren Insider, Familie oder Teammitglieder und speziell in Frankreich gab es Kameraeinstellungen wo im Hintergrund dutzende Surfer zu sehen waren, die sich allerbesten falls massiv gestört gefühlt haben, weil sie für Tage aus ihrem Homespot verdrängt wurden. Die Disqualifikation von Normen Weber im Sprint war schlichtweg ein Skandal. Da haben die Verantwortlichen tatsächlich Chaos und Bestürzung produziert. In Portugal hat sich Jojo Karst, eine 16 jährige aus der Junioreninnenklasse den Schädel blutig geschlagen im Techrace mit anschließendem Spitalsaufenthalt. Als Racedirector muss ich auf sowas ein Auge haben, es verdammt gefährlich nach so einem Aufprall weiter zu paddeln auch wenn das der Athlet will. Hier geht es schlicht  um Verantwortung – wollen wir die Gewässer für Supsport weiterhin gesichert wissen, darf es keine Bilder junger Sportler mit Kopfverband geben.

Rudy (mitte) am The Lake Rocks mit Gerd Weisner (links) und Andy Klotz (rechts)

Der ICF hat ein anderes Konzept das sich auf den Kanusport stützt. Da läuft alles in geordneten Bahnen ab und wie du vor Kurzem im Gespräch gesagt hast: SUP ist ein Generationen übergreifender Sport. Die ICF Weltmeisterschaften sind für jedermann*** und jederfrau***. Es gibt Meistertitel für Ü50 Damen Inflatable. Da frage ich mich dann schon aber ob das noch Relevanz hat. Klar das ist der Markt und die Leute geben ihr Geld für Material aus. Es kommt einem manchmal vor, dass bei den ganzen Ü-irgendwas Paddlern der grössere Konkurrenzkampf ist als bei den Eliten. Der ICF scheint dem sehr gut in die Hände zu spielen. Ich mache mir aber sorgen, dass wenn es dann einmal richtig ernst wird diese Kategorie unsanft auf den Boden der Realität geholt wird.

Natürlich hat die Ü-irgendwas Relevanz und sollte auch dementsprechend ihre Bühne bekommen. Weltmeister Titel in Altersklassen gibt es überall und nicht erst seit gestern. Um die „Alten“ braucht sich aber keiner speziell kümmern, die kommen von alleine, wenn die Formate und das Event passen. Und was viele ausser Acht lassen ist der Umstand, daß SUP auch ein Lifestyle und nicht nur Sport ist. Eine Art des Seins!

Ob die ICF damit die Büchse der Pandora geöffnet hat kann ich nicht sagen, ich sehe die ICF als Quereinsteiger in unserem Sport und hoffe auf ehrliches Interesse daran und nicht nur weil ihnen möglicherweise die Durchführung möglicher Olympische Bewerbe winkt.

Fakt ist: Egal ob ISA oder ICF, der SUP Sport ist da wie dort leidlich eine Sparte – einen eigenständigen Verband der rein das Thema SUP behandelt gibt es nicht. Daher und durch meine Erfahrung und Beobachtungen bezweifle ich ernsthafte Bemühungen um die Entwicklung von SUP beider Verbände.

Wenn die ICF weiterhin sowie in Polen einfach nur die ISA kopiert indem sie Reviere sucht wo sogar die Elite abkniet an der Boje, erledigt sich das Thema Altersklassen von alleine. Jugendliche aber ebenso und übrig bleibt die Frage: Wollen wir Verbänden und ihren Regeln folgen die nicht die Verbreitung des Sports im Sinn haben?

Ich habe mir diese Frage schon lange beantwortet und jeder kennt sie!

Genau neue Konzepte müssen hin und momentan sind Festival SUP Events stark angesagt. Das sieht man am Erfolg der SUP Alps Trophy am Faaker See und auch ganz weit weg in Korea wo das Busan Open als SUP Festival viele Leute an den Strand bringt. Dort gibt es sogar eine „SUP mit Hund“ Kategorie.

Ja, um so wichtiger ist die Bedeutung, die Arbeit und Eigenständigkeit der Veranstalter hervorzuheben. The Lake Rocks am Faaker See hat es bereits im zweiten Eventjahr geschafft, in die Liga der ganz grossen Events aufzusteigen. Das hat gute Gründe, wir verstehen uns als Bewegung, als Familie und das kommt auch bei den Sponsoren gut an. Ebenso hat es Gründe warum sich grosse Bewerbe aus finanziellen Ursachen zurückziehen aus dem Event Kalender. Wenn es keinen funktionierenden Breitensport gibt, ist es auch mit der Elite nicht weit her. Mit Michael Sternig hat TLR/Faak einen umsichtigen, sehr klugen Denker der Organisation der auf eine saubere wirtschaftliche Grundlage und Machbarkeit achtet und mit dem Sup Alps Trophy Team eine Crew unter der Administration von Gerd Weisner, die für sauberen, transparenten und fairen Sport steht. Wenn wir aber im Sup nur mehr Verbänden folgen die keine Basis Arbeit leisten wollen oder können, dann werden auch die Sponsoren wegbrechen. Nichts ist langweiliger als ewig die selben 20 Leute um die Bojen biegen zu sehen.

Rudy ist auch oft am Mirkophon. Hier mit Sara Oddera.

Wenn wir uns alle Sportarten anschauen dann sind die Turniere an denen die Besten gegeneinander antreten immer die interessantesten. Aber das Qualifikationssystem ist für alle offen. So wie es aussieht momentan aussieht hätten wir da dann auch echt eine generationsübergreifende Nationale Repräsentanz. Wir hatten vor Kurzem in Deutschland den Fall wo die um Jahrzehnte ältere Simone Ahrens die noch sehr Junge Jojo Karst um 4.7 Sekunden geschlagen hat.

Wie Interpretierst du diesen Umstand in die Deutschsprachige SUP Szene hinein?

Simone ist absolut verdiente Meisterin, technisch sehr stabil und hat viele Kilometer gesammelt die letzten Jahre, da müssen junge Paddlerin wie JOJO erst mal hinreichen.

Es liegt aber nicht an einer 16 jährigen den Braten gelingen zu lassen, hier wäre das nationale Mittelfeld der Klasse +20 gefragt. Das ist eine Frage der Entwicklung, hier müssen etliche Athleten erst reinwachsen und man hat an der D. Meisterschaft gesehen, das hier schon einige hoffnungsvolle Talente stark abgeliefert hatten.

Ohne zuviel verraten zu wollen wäre gerade die Plattform der SUP ALPS TROPHY bestens geeignet dazu, das Thema Jugendsport nachhaltig zu prägen. Speziell The Lake Rocks bietet von der Lage und Anbindung an starke, kommende SUP Nationen wie Ungarn, Polen, Tschechien, Deutschland, Holland etc. die idealen Voraussetzungen für sowas wie ein International Youth SUP Festival.

Unser Sport braucht keine weiteren Träumer, Visionäre und andere Maulhelden – Wir bauchen weitere Architekten und Arbeiter die SUP wieder groß machen wollen.

MAKE SUP GREAT AGAIN

Du meinst also SUP war mal gross ist es jetzt aber nicht mehr? Aus meiner sicht kann ich dem nur bedingt zustimmen. SUP war gross als wir in Kalifornien hunderte von Leute sahen wie sie sich in die Wellen des Pazifik stürzten und die APP ihre Weltmeisterschaften in Hawaii in haushohen Wellen begehalten hat. SUP ist da nun nicht mehr „great“ sondern verschwunden. In Europa aber doch sehr „great“ finde ich.

In Europa ist die Infrastruktur auf Basis der Kayak und Ruderverein um ein vielfaches besser ausgebaut. Ich habe einen Freund in Boston / USA die haben irgendwo am Wasser einen Holzverschlag ohne Fliesswasser und Toilette – noch Fragen?

Die Riesen in Europa wie Ungarn, Polen und hoffentlich auch bald wieder Russland, erwachen erst. Das sind die Nationen mit einer immensen Tradition im Wassersport. Die Jungen die da an die Spitze drängen, haben bereits mit SUP begonnen oder saßen vorher schon Jahre im Kayak oder Kanu. Wenn man so will, sind die Länder Osteuropas und Asiens die Zukunftsmärkte. Hier gilt es qualitativ hochwertige Formate anzubieten, ohne den Spirit von SUP zu verlieren, zu erschaffen. Das ist mein/unser Anspruch. Daran arbeite ich seit bald 11 Jahren und der Antrieb ist immer noch gleich hoch. Ich bin nicht in den SUP Sport gewechselt um Freunde zu finden, ich möchte was bewegen. Am besten viele Leute auf einem Board!

Vielen Dank für das Gespräch hoffentlich können wir das am Faaker See weiterführen.