FOIL GUIDE

> Foilguide für Weekendwarriors

Wir gehen hier das Thema von der Perspektive von jemandem an, der mit Brettsportarten aufgewachsen ist, aber nicht das Geld hat, sich im Shop gleich die Profiausrüstung zu kaufen. Das bin ich. Ich habe schon sehr lange meine Aufmerksamkeit auf Foiling gelenkt, aber das größte Hindernis war mal kurz $ 3200.- für eine Ausrüstung aufzubringen. Darum musste ich erst etwas kreativ werden. Ich habe ein Kinder SUP mit einer Foilbox versehen lassen. Dieses Brett ist groß genug für mich, um liegend in jede kleine Welle zu paddeln. Das kostete mich $ 200.- anstatt deren $ 1400.- für ein neues Board. Dann organisierte ich mir noch einen Lehrer, der mich seinen Wing ausprobieren ließ ohne ihn kaufen zu müssen. Josh Riccio ist begnadeter SUP Racepaddler und beherrscht Foiling in der Welle sehr gut. Sein Sponsor schickt ihm regelmäßig neues Material nach Maui. Er hat also zwei Wings und kann mich so in das Thema einführen.

> ERSTE SCHRITTE

Ich bin heute mit einem Flügel von 1200 cm2 und einer Mastlänge von 75 cm unterwegs. Eine große Rolle spielt das Ganze aber eh nicht, weil ich ja sowieso keine Erfahrung mit verschiedenen Foils habe. Ich bin blutiger Anfänger und will das jetzt endlich mal ausprobieren.

An meinem ersten Tag paddeln Josh und ich an einem Anfängerspot ins Wasser. Ich bin voller Enthusiasmus. Jetzt endlich mal fliegen. Sobald ich etwas Schub habe und auf meine Füsse springe, will das Ding gleich abheben. Das Prinzip ist das gleiche wie bei einem Flugzeug. Wenn ich Gewicht auf den hinteren Fuß bringe, dann neigt sich der Foil in Startposition. Ich muss lernen, sofort Druck auf dem vorderen Fuß aufzubauen, um dem Druck von unten entgegenzuwirken. Ich werde ein paar Mal abgeworfen, zum Glück aber immer nach hinten, also weg vom Foil, denn auf dem Ding landen will ich auf keinen Fall. Ehrlich gesagt macht mir der messerscharfe Foil unter meinem Board auch echt etwas Angst. Zu viele Geschichten höre ich von Leuten, die sich arg verletzten mit dem Ding. Viele Anfänger tragen auch Helme und Impactwesten. Heute habe ich aber weder das Eine noch Andere. Das muss ich unbedingt ändern.

Meine ersten Versuche laufen eher schlecht als recht, der Foil will immer gleich aus dem Wasser und wenn ich mal kurz fliege, dann weiß ich nicht, was ich als nächstes tun soll und lande gleich wieder im Wasser. Josh ist aber mit dabei und gibt mir Tipps wie ich es machen soll. Als erstes ist beim Foilen ganz wichtig, dass man die Fü.e genau in die Mitte des Brettes stellt. Noch wichtiger ist, dass, sobald man etwas Schub von der Welle hat, das Gewicht nach vorne verlagert. Die Wellen sind echt klein und ich achte auch darauf, nur die kleinsten der kleinen Wellen zu erwischen. Ich will nicht zu viel Schub am Anfang. Bei meiner nächsten Welle mache ich genau, was Josh gesagt hat. Das Brett bleibt vorerst im Wasser und kommt nun langsam raus. Ich fliege für knapp zwei Sekunden, dann kippt das Brett weg. Der Foil kommt mir entgegen und ich verpasse diesen nur knapp. Das Ganze macht mich echt sehr nervös, aber ich paddle gleich wieder los. Nach gut anderthalb Stunden und ca. 15 Versuchen bekomme ich meinen Start gerade so halbwegs hin. Ich fliege jetzt ca. fünf Sekunden bis der Flügel komplett aus dem Wasser kommt und ich wie ein Stein absacke. Das erste, kleine Mikro-Erfolgserlebnis ist da.

Wie man Surfen oder Foilen lernen kann, ist sehr schwierig rational zu erklären. Das ist wie  jemandem auf logische Weise zu erklären, wie man Fahrrad fährt. Was ich aber hier erklären kann, ist wie in mir der Kampfgeist erwacht ist und ich nun auf Teufel komm raus lernen will, wie man den Foil beherrscht. Ich gegen den Foil. Ebenfalls will ich erklären können, warum alle so Foil versessen sind. Mein Kollege Brian sagt, es sei ein Gefühl wie im Tiefschnee zu fahren. Er sei voll und ganz dem Foil verfallen, schwärmt er mir vor. Brian geht sogar so weit, dass er mir erzählt, als er es endlich konnte, hätte er in der Nacht immer vom Fliegen geträumt. Na dann hoffe ich mal, dass ich auch bald ein Foilpilot sein werde.


Zweiter Tag

Es ist jetzt ein paar Tage her seit meinem letzten Versuch und ich treffe mich mit Josh wieder an einem neuen Spot. Diesmal mit Helm und Neotop, einfach nur, um sicher zu sein. Das Wasser ist spiegelglatt und die Wellen sind im schulterhohen Bereich. Als Foilanfänger viel zu groß, darum begebe ich mich ins Weißwasser. Ich erwische einige Wellen und werde abermals abgeworfen. Das wird nun langsam echt frustrierend. Ich bin Shortboarder, Surfer und Downwind SUPer, so schwierig kann das doch nicht sein. Doch, ist es aber. Ich fühle mich wie der letzte „Kook“ im Wasser. Da Paddeln 60 – 70-jährige Herren an mir vorbei und die können das alle auch. Also wenn ihr euch mal wieder so richtig wie ein Anfänger fühlen wollt, dann probiert Foilen. Ich gebe nicht auf, es kann nicht sein, dass mich das Ding schlägt. Hier spricht der Frust, aber das ist OK, da muss man durch. Genau darum ist der Sport ja auch so sexy, das kann nicht jeder so „mir nichts, dir nichts“ lernen.

Ich erwische dann aber doch ein paar „Flights“, auch wenn ich gleich wieder abstürze. Josh berät mich sehr gut auf dem Wasser und fliegt von Welle zu Welle. Wir sitzen eine gute Stunde im Wasser und eruieren, wie man einfacher Foilen lernen könnte. Ich denke, ich muss einfach durch mindestens 50 gescheiterte Versuche bis es dann mal richtig klappt. Josh sieht das auch so, einfach nicht aufgeben und weiter scheitern bis man das hinter sich hat. Genau das ist mein Plan. Die leicht größeren Wellen kann ich mit dem Board nicht tauchen, darum springe ich vom Board, wenn eine größere Welle kommt. Doch nach einer Welle ziehe ich das Brett wieder an mich und der Foil ist weg. Ja weg, nicht mehr am Brett angebracht. Dafür klafft jetzt ein großes Loch und das ganze Fieberglas ist weggerissen. Zum Glück ist genug Styropor am Foil hängen geblieben und so treibt er nun im Wasser. Somit ist meine Foil-Mission erstmal vorbei und ich muss zum Surfboard-Reparier-Typen gehen und ihm einen Einlauf geben. Beim zweiten Mal im Wasser und das Ding ist schon kaputt? Geht gar nicht, ich habe auch $ 200.- dafür bezahlt, dass der mir das einbaut.

Kai Lenny mit 9 – Was hast du mit 9 gemacht? Foto ©JDfotofairy

Neue Erkenntnis – neuer Wing

Der Typ, der mir das Board gemacht hat, war echt nett und hat mir ein altes Surfboard geliehen, das er umfunktioniert hat. Damit geht meine Übung nun weiter und damit ich nicht immer auf Josh angewiesen bin, erkaufe ich mir nun einen alten Foil von meinem Kollegen Brian, dem Chef- Foilpiloten für $ 500.-. Ein sehr guter Deal für ein 2018 Naish. Dieser Wing ist nun ganz anders, aber mir ist das einerlei, mehr als drei Sekunden kann ich mich eh nicht oben halten. Mein Kollege Brian der Foilpilot, der mir den Wing verkauft, kennt sich sehr gut aus und sagt, ich muss unbedingt den hinteren Flügel im Winkel so verstellen, dass der nach oben drückt. Dann wird über den Drehpunkt beim Mast der fordere Flügel nach unten gedrückt und so der „Lift“ verringert. Wir machen das also bevor ich mit ihm ins Wasser gehe. Der Unterschied ist frappant, der Foil springt jetzt nicht sofort aus dem Wasser und ist viel stabiler als es noch mit dem anderen war.

Ich muss jetzt aktiv mit den Beinen arbeiten, damit das Board aus dem Wasser kommt, aber dafür habe ich jetzt viel mehr Stabilität, wenn ich es dann schaffe das Brett aus dem Wasser zu pumpen. Ich erwische ein paar kleine Wellen und es stellen sich Erfolgserlebnisse ein, die mich sehr erfreuen. Ich verstehe jetzt, warum alle Foiler so angefressene Techniker sind.

Jeder Wing, sprich Foil, ist wieder etwas anders und es ist wie in der Aeronautik, kleinste Winkelveränderungen haben eine große Auswirkung auf das Flugverhalten. (Ja, man sagt beim Foilen auch fliegen; man fliegt mit dem Foil – so der Fachjargon.) Also hier haben wir es: Der Schlüssel ist es, diesen Flügel zu zähmen, so dass er nicht gleich abheben will und wenn, dann in einem flachen Winkel. Super, ich habe jetzt schon ein paar Flights und erlebe das Gefühl vom kurzen Fliegen nach dem dritten Mal. Bin aber hauptsächlich damit beschäftigt, nicht zu fallen.

Ich halte mich aber schon länger oben als beim letzten Mal. Das war jetzt das dritte Mal und ich sehe schon etwas Fortschritt. Nur schade, dass ich am Tag danach einen Anruf vom Shaper-Typen bekomme, der sein Board zurück will. Echt schade. Aber … ich habe noch ein anderes Brett, welches ich vor Monaten für $ 100.- von einem Shaper habe umbauen lassen. Das Brett ist extrem klein und eigentlich für Wellen a la City Wave und Langenfeld gedacht. Das war ein Prototyp, den ich von der boot nach Hause genommen habe. Ich will mein Budget unter $ 1000.- halten und darum ringe ich mich nun halt dazu durch, mit diesem Brett zu üben, obwohl das für mein Können noch viel zu klein ist. Dachte ich jedenfalls. Das Brett hat kaum 30 Liter Volumen und ist gerade mal 4’8″. Aber wenn ich die Fü.e auf das Brett bekomme, dann müsste es ja gehen. Ich beschäftige mich eine gute Stunde damit und siehe da – ich erwische eine Welle, springe auf und bekomme einen Flug hin. Ich schaffe es auf Anhieb gut 50 Meter und gebe dem Brett sogar ein paar „Pumps“. Ich kann es kaum fassen. Ich flog … ich freute mich wie ein kleines Kind. So ein Erfolgserlebnis, etwas Neues gemacht zu haben, hatte ich schon lange nicht mehr. Einmal ist keinmal, darum musste ein zweites Mal her und siehe: Da es geht wieder. Mir entwischt ein kleiner Jauchzer. Was ist passiert? Warum ging das jetzt plötzlich so schnell so gut, das habe ich nicht erwartet. Mein Schluss ist, dass ich mit dem kleineren Brett weniger Möglichkeiten hatte, meine Fü.e falsch zu platzieren. Ich hatte mit dem Hinterfuß keine andere Wahl, als ihn genau über den Mast zu stellen. Das Brett hat so wenig Auftrieb, dass ich ganz tief in den Knien blieb. Ich verlasse das Wasser und rufe sofort Josh an, um ihm begeistert davon zu erzählen. Ich bin aber natürlich noch meilenweit davon entfernt, eine Welle abzusurfen (oder soll ich abfliegen sagen), geschweige denn, zur nächsten zurückzupumpen.

Mittlerweile sind ein paar Wochen vergangen und ich bin jetzt nur noch mit dem kleinen Board unterwegs. Genau wie ich am Anfang gesagt habe: Wenn man ein Brett schon gut beherrscht, erst dann kann man sich einen Foil darunter schrauben. Da ich im Surfen auch auf einem Boogieboard aufstehen kann, ist dieses kleine Board nicht so problematisch wie ich erst dachte. Wenn ich Zeit finde, bin ich nun zwei mal die Woche mit dem Foil am Üben. Eine Welle richtig abgesurft habe ich aber noch nicht. Was ich etwas mühsam finde ist, dass wenn die Wellen klein sind, das Wasser logischerweise ja auch recht untief ist. Auch mit meinem kürzeren Mast von 55 cm stoße ich also sehr oft am Boden an. In kleinen Wellen üben ist also gar nicht so einfach. Da lobe ich mir dann schon eher wieder das normale SUP, weil man mit dem durch enorme Untiefen kommt. Meine letzte Session war eher von Schwimmen geprägt als von Paddeln; die Wellen waren klein, aber das Wasser war sehr untief. Ich muss mir einen anderen Spot suchen.

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