SUP Surfing: Back to the roots – ein Gespräch mit Andy Wirtz von Norden Surfboards.

SUP Surfing: Zurück zu den Wurzeln – ein Gespräch mit Andy Wirtz von Norden Surfboards

Stand Up Paddling hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine beeindruckende Reise hinter sich. Von den ikonischen Wellen Hawaiis, wo SUP seinen Ursprung im Surfing und später im Downwind Racing fand, schwappte die Sportart weiter in die europäischen und weltweiten Binnenregionen. Während sich Race- und Touringformate rasant entwickelten, ist das klassische SUP Surfing vielerorts in den Hintergrund geraten.

Die Shortboard-Szene tat sich lange schwer mit den großen Boards, viele Außenstehende nahmen SUP vor allem als Ausdauer- und Streckensport wahr. Doch wer die Wurzeln kennt, weiß: SUP Surfing war immer etwas Besonderes. Es öffnet Türen zu Spots, an denen sonst niemand surft, macht das Anpaddeln größerer Wellen einfacher und verwandelt selbst winzige, unscheinbare Wellen in echte Spielwiesen.

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Andy in Dänemark…

Diese ursprüngliche Faszination ist nie verschwunden – und genau hier kommt Andy Wirtz, Gründer von Norden Surfboards, ins Spiel. Andy ist tief in der deutschen Boardsport-Szene verwurzelt, kennt die Branche wie kaum ein anderer und hat eine klare Meinung zur Entwicklung des SUP Surfens.

Wir haben mit Andy darüber gesprochen, warum SUP Surfing gerade jetzt eine Renaissance erlebt, welche Trends er beobachtet und wohin sich die Szene seiner Meinung nach entwickelt.denkt.

Unser Titel: Was ist aus SUP-Surfing geworden?

Aloha Andy, die Welt der SUP-Surf-Enthusiasten scheint immer kleiner zu werden. Während ich meine Fragen an dich formuliere, laufen nebenbei die ISA SUP Surf Weltmeisterschaften. Was vor 15 bis 20 Jahren als kompromissloser Surfsport begann, wurde schnell zum Boom in Binnenregionen: „Surffeeling auf dem Baggersee“ war das Motto. Daraus entstanden SUP-Racing, zahlreiche neue Disziplinen – bis sich schließlich sogar der Kanuverband für den Sport interessierte. Wir beide kommen tief aus der Boardsport-Kultur. Wie nimmst du den Wandel im SUP-Sport heute wahr?

Der SUP-Sport hat sich aus meiner Sicht in zwei sehr unterschiedliche Welten aufgeteilt:
Auf der einen Seite stehen Freizeitpaddler, meist auf iSUPs, die einfach entspannt unterwegs sein wollen. Auf der anderen Seite die Racer, die professionell trainieren und auf Olympia schielen. SUP-Surfen hingegen findet kaum noch statt – nur vereinzelt sieht man noch Boards im Line-Up. Ich habe das Gefühl, der Sport hat viel von seiner ursprünglichen DNA verloren, von dem Spirit, der uns damals begeistert hat.

Schon fast historisch: Andy Wirtz auf der Ostsee im Sommer 2008.

Beim Blick nach El Salvador sieht man, dass die ISA versucht, die Surfkultur im SUP-Sport hochzuhalten – mit einem guten Livestream und einem Format, das sich stark an der WSL orientiert. Und doch: SUP-Surfen bekommt kaum noch die Bühne, die es verdient. Die ISA setzte SUP-Surfing letztes Jahr komplett aus, die APP beschränkt sich auf ein einzelnes Event. Obwohl SUP Wellen eigentlich leichter zugänglich macht, scheint der Funken nicht mehr überzuspringen. Woran liegt das?


El Salvador 2025 ISA Weltmeisterschaften. Luiz Diniz aus Brasilien surft wie ein Shortboarder.

Auch das ist ein Teil des SUP Sportes.

ISA-SUP-Surfing-Luiz-Diniz-Worldchampion

Ich glaube, es liegt nicht allein an der Disziplin, sondern an der Struktur der Organisationen. Ein einzelnes Event pro Jahr bringt keinen Sport zurück auf die große Bühne.
Damit ein Contest funktioniert, braucht man Sponsoren – und die wollen Reichweite. Wenn dieser Kreislauf nicht zusammenkommt, entstehen keine professionellen Events.
Vielleicht muss man wieder kleiner denken: Erst den Contest, dann den Broadcast, danach den Sponsor. Früher ging das. Ich habe zweimal die Deutsche Meisterschaft in der Welle unterstützt – für unter 1000 Euro pro Event.

Die Windsurf-Szene zeigt, dass es anders geht: PWA und WWT haben lange parallel existiert – die einen mit Sponsoren und Preisgeld, die anderen mit den besten Bedingungen. Jetzt arbeiten beide zusammen und das tut dem Sport gut. Für SUP wäre das ähnlich wichtig. Die Szene ist einfach zu klein, um sie in mehrere Verbände aufzuteilen.


SUP Surfing geht immer. Andy bei sich in Kiel an einem Secretspot – Micro Wave Surfing nennt sich das, der Spass aber maximal.


Die Surfkultur erlebt gerade eine Renaissance – dank künstlicher Wellen. Und auch die Nordsee bietet genug Spots, an denen man mit einem deiner Pintails fast täglich Spaß hat. Wie sieht die SUP-Surfkultur in deiner Region aus?

SUP-Surfen ist bei uns deutlich in den Hintergrund geraten. Viele sind zum klassischen Wellenreiten oder zum Wingfoilen gewechselt. Ein paar SUP-Surfer gibt es noch, aber es ist kein Vergleich zu früher. Wir konkurrieren mit all unseren Funsportarten um dieselbe Community – und niemand kann alles gleichzeitig machen. Vielleicht kommen manche irgendwann wieder zurück aufs SUP, wenn sie mit anderen Spielzeugen durch sind.

In unserer Surfcrew sagen wir oft: „9’6 Pintail geht immer.“ Das Board funktioniert in 80 % der Bedingungen. Wenn ich nur ein einziges Board behalten dürfte – das wäre es. Von kniehoch bis doppelt-über-Kopf funktioniert es und bei Flaute kann man damit einfach paddeln gehen. So haben wir SUPen damals kennengelernt.

Dieses Jahr war ich öfter an der Ostsee damit draußen – eigentlich zum Wind oder Kitesurfen dort, aber wenn der Wind zu ablandig oder böig war, bin ich SUP-surfen gegangen. Ich hatte fast vergessen, wie gut die Ostsee sein kann – zehn Minuten von meinem Büro entfernt.


Andy Wirtz ist seit Anfang an dabei. Dieses Foto entschand 2013 an Deutschen SUP Meisterschaften in Portugal.

Andy Wirtz SUP Surf

Du meintest mal, dass du oft Surfer siehst, die lieber im Line-Up sitzen, während du dich mit dem SUP „dusslig surfst“.

Das hat Kasten Kurmis einmal perfekt zusammengefasst: „Wenn ich mit Freunden aufs Wasser gehe und quatschen will, nehme ich das Surfboard. Wenn ich surfen will, nehme ich das SUP.“ Genau so ist es.
Viele wollen natürlich surfen – ich ja auch. Aber auf dem SUP hatten viele mehr Spaß, mehr Wellen und schnellere Fortschritte. Es ist einfach einfacher.
Wellenreiten wirkt entschleunigt, simpel, cool – klar zieht das viele an. Aber ich glaube auch, die Windsportbranche hat das Image des SUP-Surfens nicht unbedingt gefördert. Durch den Materialwahn wurde vieles über-technisiert. Hätte man SUP einfach als weiteres Surfboard verstanden, ähnlich wie ein Longboard oder Mini-Malibu, wäre das Image heute vermutlich cooler.

Ich verstehe Jens sehr gut. Aber das ist doch in vielen Sportarten ähnlich. Die breite Masse fährt kein Formel-1-Auto, trotzdem funktioniert das Marketing.
Eine Sportart braucht Helden, braucht einen Extrembereich, um sichtbar zu werden. Ohne Laird Hamilton, Robby Naish oder Kai Lenny gäbe es unser SUP so nicht. Dass 95 % der Menschen das nicht machen – klar.
Zeigen wir aber nur Leute, die gemütlich paddeln, dann stirbt der Sport irgendwann. Es kommen keine jungen Leute nach.
SUP ist ja gerade deshalb so vielseitig, weil ein einziges Board so viele Einsatzbereiche abdeckt – und genau dieses Allround-Board muss wieder auf die Bühne.


Micro Right Hander Point Break – Inrgendwo im Norden. Es ist kalt, aber die Welle läuft und Andy hat Spass bei sich in der Nachbarschaft.


Mit welchen Ideen willst du mit Norden wieder mehr Leute in die Wellen holen? Die Boards dafür hast du ja entwickelt.

Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Alles, was man für Spaß in der Welle braucht, gibt es längst. Bei Norden gehen wir seit jeher den Mittelweg: nicht überfordern, aber auch nicht langweilen.
Wir müssen die Leute motivieren, ihre Boards wieder aus dem Keller zu holen. Sobald ein paar wieder anfangen, kommen automatisch andere nach. Wir haben einige zurück aufs SUP geholt – einfach weil sie nicht mit ansehen konnten, dass wir die meisten Wellen bekommen.
Aktuell arbeite ich an einer leicht überarbeiteten Version unseres Pintail Longboard SUPs und einem neuen Modell, das sich an unseren ersten Boards orientiert. Beide sind echte Wellenboards – und wenn keine Wellen sind, geht man eben paddeln.

Du verbringst die Winter in Kapstadt. Wie entwickelt sich SUP-Surfen dort?


Norden-SUP-andy-wirtz-by-Arno-Ufenjpg

Die Wellen von Kap Stadt sind Andys zweites Zuhause. Viele seiner Shapes werden auch dort getestet.


Es ist im Grunde das gleiche Bild wie überall: Die Windsportler aus der SUP-Szene sind aufs Foil gewechselt, die Surfer zurück aufs Surfboard. SUPer sieht man kaum noch am Kap. Es liegt nicht an den Bedingungen oder am Material – es liegt daran, dass man immer nur einen Sport gleichzeitig betreiben kann.
SUP macht immer noch genauso viel Sinn wie früher, es ist weder schlechter geworden noch irrelevant. Die Aufmerksamkeit liegt momentan einfach auf anderen Disziplinen – die Leute selbst sind ja noch die gleichen.

Kleine Wellen und SUP haben viele neue Surfspots erschlossen. Jetzt bringt das Foil noch mehr Optionen. Nimmt das Foil dem SUP-Surf gerade die letzten Kunden weg?

Das Foil zieht viele an, klar – aber wie gesagt: Man kann nicht alles machen und auch nicht alles bezahlen. Die Wassersportcommunity wächst nicht mehr, sie verteilt sich nur neu. Das trifft Windsurfen, Kiten und SUP gleichermaßen. Foilen passt gut zu unseren Bedingungen, ist aber technisch anspruchsvoll und längst nicht für jeden geeignet.

Zum Schluss: Hast du dir die ISA-WM angeschaut? Und wärst du nicht ein Kandidat, Deutschland zusammen mit Carsten Kurmis zu vertreten?

Natürlich habe ich reingeschaut. Das Level ist extrem hoch und die Performance sieht richtig gut aus – vor allem bei den Frauen. Auch das Race war spannend, vor allem der Lauf durch die Brandung.
In solchen Bedingungen wäre ich früher sicher gern dabei gewesen, auch wenn ich kein typischer Contestfahrer bin. Wenn es hier wieder ein Event gibt und die Bedingungen passen, starte ich vielleicht noch einmal – aber eigentlich surfe ich am liebsten einfach zum Spaß.

Danke für deine Zeit und deine Einblicke!


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