Zeroemissions Atlantik Crossing Interview mit Michael Walther

Wir haben Michael Walther und sein Zeroemission Projekt von Anfang an begleitet und waren sehr gespannt als es bei ihm endlich los ging. Dank moderner Navigationstechnik konnten wir Micha jeden Tag verfolgen und das taten wir auch. Noch schöner war es als Micha via Socialmedia sich direkt vom offenen Meer bei seinen Followers meldete.

Michael-Walther-Zeroemissions

Es hat alle sehr berührt als wir die Meldung bekamen, das Micha auf Grund einer Havarie vor den Kanaren unverhofft Land anlaufen musste. Wir waren alles sehr gespannt und auch enttäuscht das Micha seine Mission auf Grund der Schäden an seinem Boot abbrechen musste.

Nichts destotrotz, von Portugal zu den Kanaren paddeln ist eine groĂźe Leistung und jetzt wo er wieder in Kiel ist, haben wir uns bei ihm gemeldet um zu erfahren, wie alles gekommen ist.

Aloha Micha, vielen Dank fĂĽr deine Zeit. Wir beim Stand Up Magazin haben jeden Tag mit gefiebert wie du Deinen Weg von Portugal aus in Richtung Kanaren machtest. Wir hatten schon ein sehr interessantes Interview zu deinen Vorbereitungen, lass uns also am Hafen in Portugal beginnen.

Du stehst auf deinem Boot und du verlässt grad den Hafen und paddelst auf das offene Meer hinaus. Was ging dir da durch den Kopf?

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Puh, das war ein echt harter Moment. Vom einen Augenblick zum nächsten ging es hier von trubelig und stressig (Medienanfragen, Vorbereitungen, usw.) zu mir alleine auf dem Meer. Da schluckt man schon mal kurz und fragt sich, ob die Idee so gut war.

Aber es hat sich schon für die wenigen Wochen gelohnt, der Eindruck alleine auf dem Atlantik zu sein ist wirklich was besonderes. Auch wenn es nun ja nicht so lange war, wie geplant – beim Start in Portugal ging mein Kopf ja davon aus, dass ich nun für 3 Monate keinen Menschen mehr sehe.

Ich kann mir gut vorstellen, dass nach so langer Vorbereitung aber auch eine gewisse Erleichterung herrscht wenn es endlich los geht?

Ja klar. Also die Vorbereitungen und Planungen sind super lang und werden je dichter der Start kommt, umso stressiger. Da ist man irgendwann echt froh, wenn es los geht. Ich hatte eine Stunde nach dem Start noch ein Live-Interview mit NTV, das war fĂĽr mich so der letzte Teil der Vorarbeit, danach war ich mit dem Meer alleine.

Dann, wie war die erste Nacht auf dem Boot?

Die war angenehm ruhig. Ich hatte Meeresleuchten und da ich eh nicht schlafen konnte, habe ich größtenteils gepaddelt. Hier und da flogen noch Seevögel, die werden ja auch weniger, wenn man weiter rauskommt.

Wie schläft man da so?

In den folgenden Nächten habe ich sehr unterschiedlich, je nach Bedingungen geschlafen. Zwei Tage nach dem Start kam ein kräftiger Nordwest-Wind, der zusammen mit der Strömung aus Gibraltar eine miese, kurze und steile Welle verursacht hat. Die war nur 5 m hoch, aber die obersten 1,5 m brachen sich bei vielen dieser Wellen, das war echt hart. Zwei Nächte konnte ich deshalb beinahe gar nicht schlafen, danach war ich so müde und hätte wohl überall ein Nickerchen hinbekommen.

Ich bin jeden Morgen aufgewacht und habe auf meinem Telefon erst geschaut wie weit der Micha gekommen ist. Eines Morgens sah ich, dass Du krass die Richtung gewechselt hast und dein Kurs in Richtung Afrika zeigte. Später hast du das Korrigiert. Nun haben wir einen Interessanten knick deinem Verlauf. Kannst Du uns erläutern was da war?

Da habe ich mich einige Stunden treiben lassen, weil ich den Schlaf nachholen musste, den ich sonst nicht bekommen hätte. Eigentlich habe ich die Schlafpausen immer sehr kurz und sehr verteilt eingebaut, aber diese eine Pause musste trotz des Windes aus der eher mittelmäßigen Richtung einfach länger sein.

Ach, wie interessant. Sag mal hattes du sonst besondere Vorkommnisse? Hast was Interessantes gesehen? Tiere?

Delfine habe ich mehrfach gesehen. Interessanterweise kommt einem so eine 25-köpfige Delfinschule, die gerade im Jagt Modus ist, gar nicht mehr so entspannt vor, wenn man alleine mitten auf dem Meer auf einem 6 m Board steht. Abgesehen davon hatte ich Besuch von Seevögeln und kurz vor den Kanaren hat ein kleiner Vogel bei mir an Board eine Pause gemacht. Ich habe ihm Süßwasser und trockene Haferflocken angeboten und hab zeitgleich auch gegessen. So hatte ich mal wieder Gesellschaft während des Abendessens…

Wir haben vernommen, dass Du einige Schiffe sahst auch welche die dir Unangenehm waren. Kannst du uns etwas davon erzählen?

Eigentlich war mein Board ja mit einem aktiven und passiven AIS ausgestattet, so dass ich davon ausgehen konnte, dass mich die Berufsschiffahrt sieht. Leider war das aktive AIS südlich von Portugal ausgefallen, so dass ich permanent ausweichen und auf der Hut sein musste. Ich habe auch deshalb während der Reise (bis auf die eine Ausnahme) maximal eine Stunde am Stück geschlafen. Mein passives AIS zeigt mir einen Radius von 8 Seemeilen an und wenn ich da keine Schiffe gesehen habe und auch am Horizont nichts zu sehen war, habe ich mich für 50 bis 60 Minuten hingelegt. Theoretisch hätte ein 20 Knoten fahrendes Schiff dennoch sehr dicht kommen können, aber wenn jemand innerhalb des 2 Seemeilen Bereichs um mein Board war, ging ein Alarm an und spätestens dann konnte ich ausweichen. Dreimal war das leider nötig und auch wenn 2 Seemeilen gar nicht so nah klingen kann ich dir sagen, dass es nachts, auf dem Atlantik gefühlt viel zu nah ist, wenn ein 200 m Frachter auf einen zufährt…

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Jetzt aber das grosse Fragezeichen von allem: Dein Unfall. Ich selber habe mir deine Bilder genau angeschaut um festzustellen woher die Kraft kam die dir das Loch ins Dach gerissen hat. Diese Compositeboote sind ja auch recht stabil und das Loch ist am höchsten Punkt des Bootes. Die Antenne war auch futsch. Das ist schon ganz schön Mysteriös das ganze.

So mysteriös ist es gar nicht. Ich lag ja in der Koje und bin durch den ersten Knall aufgewacht und zeitgleich durch die Kabine geschleudert worden. Das Board legte sich direkt auf die Seite, dann knirschte es laut und deutlich, knallte ein weiteres Mal und es richtete sich wieder auf. Meine Vermutung ist, dass ich einen menschengemachten Gegenstand mit dem Schwert getroffen habe (so sieht es jedenfalls aus) und sich das Board dann auf die Seite legte. Dabei hat es sich offensichtlich an dem Gegenstand mit dem Kabinenüberhang verhakt. Der zweite Knall war wohl der Moment in dem es sich wieder löste und dann auch aufrichtete. Danach konnte ich ja erst raus, daher ist alles nur eine Vermutung. Aber die Spuren am Board gehen in die Richtung.

Ich denke wir werden es wohl nie genau wissen aber wichtig ist, dass du wohl auf bist und es an Land geschafft hast.

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Das sehe ich genauso. Der 15 km lange Weg an Land, mit leicht angeschlagener Schulter und aufgespaltenem Schwert war gar nicht so cool, ich war echt erleichtert als ich im Hafen war.

Was ging dir so durch den Kopf auf dem Weg zum Hafen? Unbedingt weiter machen. Alle Hoffnung verloren oder wie war dein GemĂĽtszustand?

In dem Moment war ich erstmal ein wenig schockiert, weil ich mich natürlich auch fragte was passiert wäre, wenn ich an Deck gewesen wäre. Danach hatte ich erstmal die Hoffnung, dass alles bis zum Hafen hält und habe mich deshalb richtig beeilt. Außerdem hatte ich mir eine Markierung am Board gemacht, damit ich gemerkt hätte, wenn irgendwo große Mengen Wasser reinkommen und ich das SOS Signal absetzen sollte. Zum Glück kam es nicht so weit und so haben mich natürlich auch Gedanken beschäftigt, wie es weitergehen könnte, was passiert ist und wie ich weiterkommen kann.

Jetzt wo die Entscheidung hinter dir liegt die fragt sich natĂĽrlich ob du das ganze noch einmal machst und falls ja, von wo? Was spielt sich da grad in deinem Kopf ab?

Puh, das ist echt schwierig. Auch jetzt ist es noch zu frisch und ich werde mir für die Entscheidung bestimmt bis Anfang 2026 Zeit nehmen. Vielleicht ist die boot Düsseldorf der passende Ort um darüber zu sprechen. Wenn ich von meinem jetzigen Gefühl ausgehe würde ich sagen, dass ich kein Bock auf lose Enden habe und es durchziehen möchte, starten würde ich dann aber in meinem Nothafen.

Letzte Frage noch, wir hatten darĂĽber gesprochen, dass man auch noch Familie und Freunde an Land hat. Wie haben die deine Reis miterlebt? Waren die besorgt um dich?

Ja klar. Man kann sagen, dass diejenigen, die mir emotional am nächsten sind die Reise weniger cool und diejenigen, die weiter weg sind es sehr interessant und spannend fanden. Das ist irgendwie ja auch logisch. Unterhaltsam ist so eine Tour von außen definitiv, aber wenn da jemand alleine auf dem Meer ist, der einem sehr am Herzen liegt, ist das nicht immer einfach. Ich freue mich daher sehr und bin auch sehr dankbar, dass meine Familie mich da dennoch 100% unterstützt. Die wissen auch wie wichtig es mir ist zu verdeutlichen, dass wir endlich den Arsch hochbekommen müssen und konsequent am Klima- und Meeresschutz arbeiten müssen. Ich kann da nicht untätig rumsitzen und möchte halt Menschen für diese Themen mitreißen und motivieren. Das weiß mein Umfeld und deshalb habe ich deren absolute Rückendeckung!

Vielen Dank Micha fĂĽr deine Zeit wir sind sehr stolz darauf, das wir dir so nahe folgen konnten.

Ich freue mich sehr, dass ihr so engagiert dabei seid! Danke!


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